Jung, frech und sehr schräg. So wie die Piraten in Berlin bei den Jungwählern kräftig abräumten, mischt auch eine Gruppe junger Leonfeldner seit zwei Jahren mit einem unkonventionellen Zugang in der Stadtpolitik mit.
8,9 Prozent schaffte die junge Piratenpartei vor wenigen Tagen in Berlin. Was für viele Bobachter eine Sensation war, kam für Daniel Hettrich-Keller nicht überraschend: „Die Großparteien verlieren überall an Macht.“ Der 23-jährige Student muss es wissen. Vor zwei Jahren konnte er als Teil der Bürgerliste „ELWIS“ Bad Leonfeldens Politik aufmischen. Mit 17,9 Prozent der Wählerstimmen wurde die „Die Erste Leonfeldner Wählerinitiative Irreparabler Sorgenkinder“ (ELWIS) zweitstärkste Kraft bei den Gemeinderatswahlen 2009 in Leonfelden. Vor allem auf Kosten von ÖVP und SPÖ. Vier ELWIS-Jungmänner (Hettrich-Keller: „Wir haben keine Frauen für die Bürgerliste gefunden“) zogen damals in den Gemeinderat der Mühlviertler Kleinstadt ein. Die jüngsten „Sorgenkinder “ waren da gerade erst 18 Jahre alt.
Mit 21 Stadtrat geworden. Die Gründung der Bürgerliste bedeutete für Hettrich-Keller eine politische Blitzkarriere: Auf Anhieb wurde er zum Stadtrat für Jugend und Umwelt. „Bis man bei den etablierten Parteien als Junger mitreden kann, ist man eh kein Jugendlicher mehr. Aus diesem Grund wollte ich mich nie bei einer Großpartei engagieren“, sagt Daniel Hettrich-Keller.
Politiker mit nackter Haut. Mit ihrem unkonventionellen Zugang treffen ELWIS vor allem bei den Jungwählern einen Nerv. So präsentiert sich etwa der stellvertretende Fraktionsobmann Sebastian Gattringer auf der Bürgerlisten-Homepage mit nacktem Oberkörper. In den Gemeinderatssitzungen wird dann zumindest ein T-Shirt übergestreift. „Wir setzen uns aber sicher nicht mit Anzug und Krawatte in den Gemeinderat.“ Die freche Positionierung hat einen ernsthaften Hintergrund, wie Hettrich-Keller betont. Oberstes Ziel: Stimme für die Jugendlichen im Ort sein. Als eher links deklarierte Liste setzt sich ELWIS für Themen wie Jugendtaxi und ökologische Energieversorgung ein. Anfangs seien bei Gemeindesitzungen Anfängerfehler passiert, räumt Hettrich-Keller ein: „Wir haben uns nicht an die Redeordnung gehalten und die anderen unterbrochen. Die Kollegen im Gemeindrat haben sich teilweise gewundert, dass wir da nicht rausgeschmissen wurden.“ Mittlerweile geht es in Leonfeldens Gemeinderat deutlich entspannter zu. Als Wermutstropfen für ELWIS bleibt aber: „Erfolge müssen wir immer mit den anderen Parteien teilen.“ So wie bei der Einführung der Trendsportanlage und dem Jugendtaxi, bei dem man maßgeblich mitgewirkt habe. Da die Mitgestaltung durch die absolute Mehrheit der ÖVP enge Grenzen hat, will ELWIS ähnlich wie die Piraten in Berlin für Transparenz sorgen. So wird von ELWIS etwa Kritik des Landesrechnungshofes an der Gemeinde veröffentlicht. Bevorzugter Kanal dafür: das Internet. Es ist eine Aufdeckerrolle, die den Jungpolitikern gut gefällt. Hettrich-Keller: „Die Politik macht mir immer noch Spaß.“