Vom Sternbild der Liebe und einem Geheimnis in Ephesos
Maria Fellinger-Hauer stellt zwei Romane von österreichischen Autorinnen vor: „Kassiopeia“ von Bettina Balàka und das Debüt „Sommer in Ephesos“ von Elisabeth Schmidauer.
Ausgabe: 2012/24, Literatur, Maria Fellinger-Hauer, Geheimnis, Ephesos, Bettina Balàka, Elisabeth Schmidauer
12.06.2012 - Maria Fellinger-Hauer
- Ein Satz im Klappentext eines Romans und der Titel „Kassiopeia“ werden zum Schicksal für Judith Kalman, wohlhabende, vom Leben gebeutelte Mittvierzigerin aus Salzburg. „Kassiopeia“, Sternbild und mythologische Figur, ist vor allem Judiths Kindheitslieblingswort. Prompt verliebt sie sich in den Autor des Buches und ist entschlossen, ihr Glück und damit den Verlauf der angestrebten Liebesgeschichte selbst in die Hand zu nehmen. Sie reist nach Venedig, wo Markus Bachgraben ein Dichterstipendium hat, und plant eine zufällige Begegnung mit dem Mann ihrer Träume. Doch wie im richtigen Leben kommt das Meiste anders, als Judith denkt. Markus entwischt ihr, kaum dass sie ihn getroffen hat. Auch er hat einen Plan. Dann taucht Judiths Freundin Erika auf und nistet sich bei ihr ein. Ihre Schwester Katalin versucht, sich telefonisch in ihr Leben zu drängen. So weit die Rahmenhandlung. In 30 kurzen Kapiteln läßt die Autorin ein komplexes Geflecht an Lebens- und Familiengeschichten entstehen, die weit über den Plot hinausreichen, aber immer wieder zu ihm zurückführen. Das ist das eigentlich Reizvolle an dem Buch, das mit seiner ironischen Sprache leichtfüßig daherkommt, aber voll von tragikomischen Beziehungsgeschichten und existenziellen Überraschungen ist. Bettina Balàka, Kassiopeia, Haymon Verlag, Wien 2012, 342 Seiten, ISBN 978-3-85218-693-1, € 22,90.
- Im Alter von 17 verbringt Anastasia, die Ich-Erzählerin in Elisabeth Schmidauers Debütroman, im türkischen Ephesos, widerwillig zuerst, denn eigentlich möchte sie mit der Mutter in Amerika sein. Ihr Vater ist ein bekannter Archäologe, der die österreichischen Ausgrabungen in Ephesos leitet und ganz für seine Arbeit lebt. Anastasia darf assistieren, lernt viel über Archäologie und trifft dort auch Hubert wieder. Er ist der Lieblingsschüler ihres Vaters, der in ihrem Wiener Haus ein und aus ging, als Anastasia noch ein Kind war. Zwischen Hubert und dem Vater war es zu einem Bruch gekommen, der maßgeblich für das weitere Leben aller wird. Für Anastasia bleibt die Ursache bis nach dem Tod des Vaters unklar.
Elisabeth Schmidauer, im oberösterreichischen Peuerbach aufgewachsene und in Wien lebende Mittelschullehrerin, hat sich in die Archäologie eingearbeitet. Gekonnt verflicht sie Kenntnisse über die Ausgrabungen in Ephesos mit der persönlichen Geschichte der Protagonisten. Schmidauers Sprache ist treffsicher, zuweilen erheiternd, zuweilen tief traurig. Psychologisch versiert leuchtet sie die Mechanismen der vielfältigen Verbindungen zwischen den handelnden Personen aus und hält die Spannung bis zum Schluss aufrecht. Elisabeth Schmidauer, Sommer in Ephesos, Residenz Verlag, St. Pölten – Salzburg – Wien 2012, 293 Seiten, ISBN 978-3-7017-1586-2, € 21,90.