Arbeitsmigration bringt den Filipinos viel Geld und viele Probleme
Philippinen. Die Rücküberweisungen von Millionen Auslands-Filipinos an ihre Familien in der Heimat sind ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor des Inselstaates. Täglich brechen 5000 Filipinos auf. Doch die Hoffnungen auf ein besseres Leben werden oft nicht erfüllt.
Der Abschied von der Familie fällt nicht leicht. Trotzdem. Hohe Arbeitslosigkeit, geringe Löhne, menschenunwürdige Arbeitsbedingungen und eine schwache Wirtschaft treiben viele Filipinas und Filipinos dazu, ihre Heimat für zwei, drei Jahre zu verlassen. Sie hoffen, in Übersee genug Geld zu verdienen, um sich und ihren Familien auf den Philippinen ein besseres Leben zu ermöglichen.
Regierung fördert Arbeitsmigration
Täglich verlassen 5000 Menschen, darunter mehr und mehr Frauen, den Inselstaat, um als Haushaltsangestellte, Krankenschwestern, Pflegekräfte und Matrosen, aber auch als Ärzte, Ingenieure oder Architekten in aller Welt Geld zu verdienen. „Overseas Filipino Workers“ werden die Auslands-Filipinos genannt. Insgesamt sind 12 Prozent der etwa 95 Millionen Einwohner des südostasiatischen Landes im Ausland beschäftigt. Jährlich überweisen sie 15 bis 20 Milliarden Dollar an ihre Familien; zwei Drittel der philippinischen Haushalte profitieren davon. Angesichts dieser Zahlen wird klar, warum die philippinische Regierung die Arbeitsmigration fördert – stellen die hohen Rücküberweisungen doch einen wichtigen Wirtschafts- und Finanzfaktor des Landes dar. Zusätzlich verdient der Staat an den zahlreichen Gebühren, die Auslandsmigrantinnen und -migranten vor und nach der Reise entrichten müssen. In Folge bleiben die so dringend benötigten, aber von Seiten der Regierung nach wie vor nicht umgesetzten nachhaltigen wirtschaftlichen Reformen aus.
Konflikt auf Mindanao
Mindanao, die zweitgrößte Insel der Philippinen mit mehr als 14 Millionen Einwohnern, zählt zu den ärmsten Landesteilen der Philippinen und ist besonders stark von Arbeitsmigration betroffen. Die Gründe dafür liegen auch in dem jahrzehntelangen Konflikt der philippinischen Regierung mit der muslimischen Rebellenorganisation Moro Islamische Befreiungsfront (MILF). Seit den 70er Jahren kämpft die Befreiungsfront für eine autonome muslimische Region im Süden des zum Großteil katholischen Inselstaates. Rund 150.000 Menschen sind dabei getötet worden. Ein im Oktober 2012 unterzeichneter Friedensvertrag zwischen Regierung und MILF soll diesen blutigen Konflikt beenden. Ob das gelingt, ist ungewiss. Das Abkommen sieht vor, dass bis Ende 2016 eine autonome muslimische Region auf Mindanao entstehen soll.
Risiko Auslandsmigration
Die Regierung fördert zwar die Arbeitsmigration mit verschiedenen Programmen. Doch sie bietet keine Aufklärung über die Risiken, die Arbeitsaufenthalte im Ausland in sich bergen können. Sie reichen von langen und harten Arbeitszeiten, wenig Freizeit, Ausbeutung und Gewalt bis hin zu Verschleppung, illegalen Rekrutierungen und Prostitution. Auch die zurückbleibenden Familienmitglieder werden vom Staat nicht unterstützt. Jene, die verlassen wurden, kämpfen oft mit Alkoholproblemen oder mit Entfremdung. Es kommt auch vor, dass die Rücküberweisungen ausbleiben oder dass das im Ausland arbeitende Familienmitglied nicht mehr nach Hause zurückkehrt. Für Kinder und Jugendliche ist der fehlende Elternteil besonders schwer zu verkraften. Laut nationalen Statistiken steigt die Zahl der Teenagerschwangerschaften und der Schulabbrecher unter Kindern von Auslands-Filipinos stark an.
Umfassende Hilfe
Was also tun, wenn die großen Hoffnungen auf einen lukrativen Job im Ausland sich nicht erfüllen und man mit leeren Taschen zurückkehrt? Wer klärt über die Risiken der Arbeitsmigration auf? Und wer kümmert sich um die Probleme und Nöte derjenigen, die zu Hause zurückgeblieben sind? Hilfe und Unterstützung erhalten Betroffene bei der Organisation „Mindanao Migrants Center for Empowering Action, Inc.“ (MMCEAI) in Davao City, der Hauptstadt Mindanaos. „Wir bieten rechtliche, soziale und psychologische Unterstützung für Arbeitsmigrantinnen die zurückkommen, die vor einem Auslandsaufenthalt stehen und auch für jene, die zurückgeblieben sind, also deren Familien“, sagt Inorisa Sialana-Elento, Geschäftsführerin der Organisation und Projektpartnerin der Katholischen Frauenbewegung Österreichs. Ihre Kollegin Rizalind M. Tumanda, Sozialarbeiterin bei MMCEAI, betont: „Bei den Gruppenarbeiten hören wir immer wieder, dass vor allem die Anliegen der Kinder nicht wahrgenommen werden. Die Regierung ist damit beschäftigt, Arbeitskräfte fortzuschicken, kümmert sich aber nicht um die daheimgebliebenen Kinder der Auslands-Filipinos. Deshalb haben wir auch einen Raum geschaffen für Kinder und Jugendliche, wo sie mit ihren Sorgen und Ängsten hinkommen können und auch gehört werden.“ Neben Bildungsarbeit an Schulen, anwaltschaftlichen Aktivitäten, Kampagnen, Gruppengesprächen mit Kindern und Jugendlichen, Rechtsberatungen und therapeutischer Hilfe arbeitet MMCEAI auch mit Regierungsstellen, der Polizei und anderen Organisationen zusammen, um auf die Probleme rund um das Thema Arbeitsmigration aufmerksam zu machen. Unterstützt wird MMCEAI aus den Mitteln der Aktion Familienfasttag der Katholischen Frauenbewegung.
Teilen macht stark
Die Aktion „Familienfasttag 2013“ der Katholischen Frauenbewegung (kfb) setzt sich für faire Arbeitsbedingungen und -rechte ein. Unter dem Titel „Billig ist doch zu teuer. Faire Arbeitsbedingungen für alle“ unterstützt die kfb schwerpunktmäßig philippinische Arbeitsmigrantinnen und junge Frauen in süd- indischen Baumwollspinnereien. Gemäß dem Motto „teilen macht stark“ wird am Familienfasttag am Freitag, 22. Februar, vor dem zweiten Fastensonntag in den Pfarren und bei Suppenessen während der Fastenzeit für mehr als 100 Frauen-Projekte in Asien, Lateinamerika und Afrika gesammelt. Der Familienfasttag wird seit 1958 von der kfb organisiert. Sozialbischof Ludwig Schwarz bezeichnete die Aktion Familienfasttag als einen „wesentlichen Beitrag zu einer gerechteren, solidarischen und hoffnungsvollen Welt“. Weltweit seien überwiegend Frauen von Armut betroffen, auch dann, wenn sie einer Erwerbsarbeit nachgehen, betonte der Linzer Diözesanbischof. Der Familienfasttag im Kampf für menschenwürdige Lebens- und Arbeitsbedingungen unterstützt Frauenorganisationen, „die die Diskriminierung von Frauen nicht tatenlos hinnehmen“, so Bischof Schwarz.