Neun Wochen nach seiner spektakulären Hochzeit hat Erzbischof Milingo seine Rückkehr in die katholische Kirche bekundet. 100.000 Gläubige haben in den letzten Jahren an Gottesdiensten mit ihm in Österreich teilgenommen.
Als Mitte Mai der „Freundeskreis von Erzbischof Milingo“ auf den niederösterreichischen Sonntagberg zu Exerzitien eingeladen hatte, war noch alles wie sonst. Ohne größeres Aufsehen betet der als Wunderheiler und Exorzist Bekannte mit 150 Gläubigen drei Tage lang. Auf den Tag genau zwei Wochen später, am 27. Mai, erregt der 71-Jährige einmal mehr Aufsehen: in Smoking und weißen Handschuhen heiratete er Maria Sung, gemeinsam mit 59 anderen Paaren, getraut vom Führer der Moon-Sekte, San Myung Moon, im New Yorker Luxushotel Hilton.
Tirol war schon fix
Auch unter den österreichischen Freunden des einstigen Erzbischofs von Lusaka (Sambia) schlug die Nachricht wie ein Blitz ein. Emmerich Schreiner, Initiator des Freundeskreises: „Für August hatten wir schon alles in Tirol geplant. Es ist die einzige Diözese, in der wir mit ihm noch keinen Heilungsgottesdienst organisiert hatten.“ Knapp 100.000 Gläubige, so Schreiner zur Kirchenzeitung, haben in den letzten Jahren an Gottesdiensten mit Milingo in Österreich teilgenommen. Teufelsaustreibungen seien hierzulande keine durchgeführt worden. Rund eine halbe Million Schilling sollen dabei jährlich gesammelt worden sein.
Vor rund sechs Jahren war für Emmerich Schreiner ein Besuch in Zagarola der Anlass, den Freundeskreis in Österreich aufzubauen. In der Ortschaft nahe Roms feierte Milingo regelmäßig Gottesdienst im Park, nachdem ihm in vielen italienischen Diözesen die Benützung von Kirchen untersagt worden war. In Österreich tauchte er in konservativen Kreisen auf. Neuerlich für Aufsehen sorgte Milingo am 6. August. Der mit der Exkommunikation Bedrohte sprach direkt beim Papst in dessen Sommerresidenz vor. Damit war dem rebellischen Bischof ein Zweifaches gelungen. In Castel Gandolfo konnte er die vatikanische Kurie umgehen, die ihn seit seiner Versetzung nach Rom im Jahr 1983 Zug um Zug mehr ausgrenzte. Zugleich hatte er seine Bewacher von der Moon-Sekte austricksen können.
Rekordverdächtig sind die 90 Minuten, die ihm der Papst, sein Sekretär Dziwisz und Erzbischof Bertone von der Glaubenskongregation gewährten. Seine Exkommunikation ist mit der direkten Begegnung und der Veröffentlichung seines Schreibens (Kasten unten) jedenfalls erst einmal in weite Ferne gerückt. Derzeit hält sich Emmanuel Milingo an einem geheimen Ort in Italien auf. Und Kirchenrechtler rätseln, welche Konsequenzen die „Moon“-Eskapade für ihn haben könnte. Trotz der „reumütigen Rückkehr des verlorenen Sohnes“ sei kaum denkbar, dass er seine bischöflichen Vorrechte behält, heißt es. Emmerich Schreiner vom „Freundeskreis“ freut sich über die Rückkehr von Erzbischof Milingo. Die vielen Gebete der Anhänger in den letzten neun Wochen hätten vielleicht dazu beigetragen. Dass Milingo aber wieder in Österreich Exerzitien anbieten wird, das schließt Schreiner vorläufig aus. Denn für Ersatz ist bereits gesorgt. Pater Rufus, Vizepräsident der Exorzisten, wird aus Indien erwartet.
Hintergrund
Moon-Kontakt
Ein früheres Sektenmitglied in Italien erklärte, dass eine Einbindung Milingos in die Aktivität der Moon-Sekte über mehrere Jahre hinweg geplant und schrittweise durchgeführt worden sei. Dies sei wesentlicher Bestandteil in der „überkonfessionellen“ Strategie des Sektengründers. Offen bleibt, ob Maria Sung Opfer dieser Strategie wurde? Details über die Ehe zwischen Emmanuel und Maria berichten italienische Zeitungen. So soll die Koreanerin vor der Hochzeit mit Milingo in Neapel gelebt haben, wo sie als Akupunktur-Spezialistin tätig war. Dort hat sie Italienisch gelernt und sich möglicherweise auf ihre künftige Rolle vorbereitet. Im Jahr 1996 soll sie Mitglied der Moon-Sekte geworden sein. Angeblich hätte Milingo am 27. Mai eine Japanerin an seiner Seite haben wollen, Sektengründer Moon habe jedoch auf Maria Sung bestanden. Nach koreanischen Quellen hingegen soll die Koreanerin zum innersten Kreis des Sektengründers gehören. Eigenen Angaben nach habe sie bis zur Zeremonie nicht gewusst, dass ein katholischer Priester nicht heiraten dürfe.
Im Wortlaut
Eure Heiligkeit,ich, der Unterzeichnete, erkläre vor Seiner Eminenz, Kardinal Giovanni Battista Cheli, und Seiner Exzellenz, Erzbischof Tarcisio Bertone, nach Abschluss des Gesprächs über die anhängige Frage: Gemäß ihrem Rat und der brüderlichen Zurechtweisung – auch von Seiten Seiner Exzellenz, Bischof Stanislaw Dziwisz – gliedere ich mein Leben in diesem Moment von ganzem Herzen wieder in die katholische Kirche ein. Ich verzichte auf mein Zusammenleben mit Maria Sung und auf meine Beziehungen mit Rev. Moon und der Familien-Föderation für Weltfrieden.
Vor allem Ihre Worte – „Im Namen Jesu, kehre in die katholische Kirche zurück“ – waren für mich ein Aufruf meiner Mutter Kirche sowie ein väterlicher Befehl, meine Treue und meinen Gehorsam Ihnen gegenüber zu leben, dem Vertreter Jesu Christi auf Erden und Oberhaupt der katholischen Kirche.Ich empfehle mich Ihren Gebeten und Ihrem Segen, ich bin Ihr demütiger und gehorsamer Diener, Erzbischof Emmanuel MilingoDer Brief trägt das Datum vom 11. August.