Der Präsident des Katholischen Familienverbandes, Clemens Steindl, ist kein Politrabauke. Aber die Budgetkürzungen „gegen die Familien“ nennt er schlicht eine „Sauerei“. Am 13. November führt der Familienverband österreichweit einen Aktionstag durch.
In den vergangenen Tagen ist der Katholische Familienverband mit einer Flut von Briefen und E-Mails überschwemmt worden. „Die Leute sind echt empört darüber, wie massiv die Regierung bei Familienleistungen den Rotstift ansetzt“, berichtet Clemens Steindl. „Wir haben deshalb auch am Montag auf unserer Homepage eine Unterschriftenaktion gestartet und werden am Samstag in allen Landeshauptstädten einen familienpolitischen Aktionstag veranstalten.“
Vertrauen erschüttert. „Die Menschen verstehen zu Recht nicht, dass die Familien mit 400 Millionen Euro einen der größten Sparbrocken verdauen müssen, während sich gleichzeitig bei der längst nötigen Verwaltungs- und Spitalsreform gar nichts tut. Oder dass für umstrittene Großprojekte (Koralmtunnel) und Bankensanierungen (Hypo Alpe Adria) oder die schlecht gemachte Hackler-Pension sehr wohl Geld da ist.“ Er verstehe nicht, dass der Vertrauensgrundsatz, den die Regierung bei Eingriffen ins Pensionssystem zu Recht gelten lasse, bei den Familien keinen Deut wert sei. „Auch die Familien rechnen mit dem Geld, das sie für ihre Leistungen vom Staat bekommen und können in den meisten Fällen nicht einfach wegstecken, wenn sie im Jahr 1000 bis 4000 Euro weniger erhalten.“Falsches Signal. „Mit diesem drastischen Sparpaket“, so Steindl, „wird den Familien aber nicht nur Geld weggenommen. Es wird ihnen auch signalisiert, dass in den Augen der Politik ihre Arbeit das Geld nicht wert ist, das sie bisher bekommen haben. Das ist es, was mich so empört. Das ist ein verheerendes Signal über die schmerzlichen finanziellen Einbußen hinaus“, sagt Steindl. Er verweist nachdrücklich darauf, dass die verschiedenen Familienleistungen des Staates ja keine großzügig gewährte Unterstützung und schon gar keine von der Politik zu verteilenden Almosen seien, sondern eine teilweise Abgeltung dafür, was die Familien an Beziehungs-, Erziehungs- und Betreuungsarbeit im Interesse der Gesellschaft leisten. Zu dieser fatalen politischen Abwertung der familiären Arbeit zähle auch, dass man gerade in jenen Bereichen, wo häusliche Pflege am weitesten verbreitet ist (1. und 2. Pflegestufe), ebenfalls den Sparstift ansetzt.
Dumm gespart. Die „Kürzungen gegen die Familien“ seien aber auch sozial-, bildungs- und wirtschaftspolitisch daneben, betont Steindl. „Wenn man den Mehrkinderzuschlag streicht, den ohnedies nur Familien unter einem Haushaltseinkommen von 55.000 Euro/Jahr bekommen, dann ist das nackter Sozialabbau. Denn gerade Familienleistungen tragen dazu bei, dass viele Mehrkindfamilien nicht unter die Armutsgrenze rutschen (Sozialbericht).“ Unsozial seien auch Kürzungen bei arbeitsuchenden Jugendlichen. Die Einschnitte bei der 13. Familienbeihilfe kosten die Familien nicht nur bis zu 152,70 Euro im Jahr. Sie seien auch bildungsfeindlich. Sie treffen sowohl Kindergartenkinder als auch alle Jugendlichen in Ausbildung über 15 Jahre, betont Steindl. Bildungsfeindlich sei auch der geplante Wegfall der Familienbeihilfe für Studierende ab 24 Jahren (derzeit bis 26 bei entsprechendem Studienerfolg). Die Kürzungen im Familienbereich seien auch rein wirtschaftlich das Gegenteil von „intelligent sparen“, meint Steindl. Denn davon betroffen sind nicht nur die direkt 1,8 Millionen Bezugsberechtigten (Kinder), sondern deren Familien insgesamt. „Da die allermeisten Familien keineswegs in Saus und Braus leben, schlagen die Kürzungen direkt auf die Kaufkraft und damit auf die Wirtschaft insgesamt durch“, rechnet Steindl der Regierung vor. Und noch etwas rechnet er vor: „Während man die Bankenrettung im Turbotempo durchgezogen hat, ließ man die seit Jahren anstehende Sanierung des Familienlastenausgleichsfonds links liegen.“
Unterschreiben: www.familienprotest.at
ZUR SACHE
„Kirchen“-Gipfel zum Budget
Vergangenen Freitag fand ein „Gipfelgespräch“ zwischen den Spitzen der Kirchen und Religionsgemeinschaften und der Regierung statt. Konkrete Ergebnisse gab es keine, bloß die Zusage, man wolle Härten überprüfen. Das waren u. a. die Themen, die Kardinal Schönborn und Bischof Bünker auf den Tisch legten.
Familien. Kürzung der 13. Familienbeihilfe (ursprünglich ein Ersatz für die längst fällige Inflationsanpassung) auf ein Schulstartgeld von 100 Euro für 6- bis 15-Jährige. Streichung der Zuschläge für 130.000 Mehrkindfamilien. Familienbeihilfe für Studierende nur bis 24 Jahre (bisher 26). Kirchen drängen auf weitgehende Änderungen, marginale Nachbesserungen sind zu wenig.
Pflege. Für rund 27.000 Betroffene wird der Zugang zu den Pflegestufen 1 und 2 erschwert. Sie müssen statt bisher 50 Stunden Pflegebedarf 60, bzw. statt 75 Stunden 85 nachweisen. Am Pflegegeldbezug hängt in manchen Bundesländern auch die Gewährung von Zuschüssen für mobile Hilfe und Sachaufwand. Die Kirchen drängen auf ein umfassendes Pflegekonzept und die Errichtung eines Pflegefonds aus vermögensbezogenen Steuern.
Entwicklungshilfe. Kürzung der direkten Entwicklungshilfe um 9,4 Millionen (von 98 Mio.) für 2011; ansteigend bis 33,4 Millionen im Jahr 2014. 2009 lag Österreich mit 0,3% des BIP schon klar unter der für 2010 gegebenen Zusage von 0,5%. Kirchen fordern einen Stufenplan zur Erreichung von 0,7% bis zum Jahr 2015 (EU-Vorgabe).
Steuern. Bischof Bünker verwies darauf, dass durch die geplanten Kürzungen und Steuern die einkommensschwache und mittelständische Bevölkerung am stärksten betroffen sei. Vermögende sollen mehr als geplant zur Sanierung beitragen.