Wie sich die Religion auf die Identität auswirkt, darüber diskutierten rund 20 junge Christen und Muslime bei einer Veranstaltung an der Katholischen Hochschulgemeinde in Linz, die gemeinsam mit der Österreichische Schülerinnen und Studentinnen Union (ÖSSU) und den European Independent Students and Academics (EUISA Network) organsiert wurde.
Welche – meist negativen – Vorurteile gibt es gegenüber Moslems und Christen? Auf die vom Pastoralassistenten Robert Kettl gestellte Frage fällt den Studierenden rasch einiges ein. Für viele Menschen gelten die Muslime als eifrige Beter, als fundamentalistisch und frauenfeindlich. Die Haltung „Sex ist Sünde“, eine gewisse Doppelmoral und eine Laschheit beim Beten wird dagegen den Christen zugeschrieben. Kettl will an diesem Abend die Vorurteile sammeln, um sie danach bewusst beiseitezulassen. Schließlich soll es um das Positive an der eigenen Religion gehen. Wie wichtig der Glaube für die eigene Persönlichkeit ist, hat Jusstudent Berat Rusiti als Jugendlicher erlebt: „Ich stamme aus Albanien, habe lange meinen Platz gesucht, bis ich irgendwann kapiert habe, dass der Islam genau das Richtige für mich ist und dass das eigentlich immer schon so war.“
Die Allmacht Gottes
Den Muslim Amir Holzinger zwingen die fünf Gebete am Tag dazu, dass er sich ständig der eigenen Religion bewusst ist. Dabei kommt es auf die innere Haltung an, erzählt er: „Beten ist ja keine Sportübung.“ Dass die Muslime beim Beten die Stirn ganz zum Boden verneigen, bedeute, die Allmacht Gottes anzuerkennen. Aysun Özdemir benutzt regelmäßig den Raum der Stille an der Katholischen Hochschulgemeinde, um zu beten. Eine viertel Stunde Vorlesungspause reiche, um vom Campus herzukommen. „Wir Muslime können überall beten, nur der Raum muss sauber sein“, sagt die Informatikstudentin: „Es gibt mittlerweile schon eigene Handy-Apps, die einem die Gebetsrichtung nach Mekka anzeigen.“
Gott, das Familienmitglied
Birgit Waldhör, junge Katholikin, sieht das Gebet als ihren höchstpersönlichen Monolog mit Gott. „Als ob Gott ein Familienmitglied wäre.“ Und: „Die Bibel ist für mich eine Art Gesetz“, sagt die angehende Juristin. Beten alleine macht noch nicht das Glaubensleben von Muslimen und Christen aus. Das Geben von Almosen ist eine Säule des Islam. Auch bei den Christen solle das Engagement nicht mit dem Sonntagsgottesdienst aufhören, betont der Mechatronikstudent Martin Meindlhumer.