KOMMENTAR_
„Vor Ort“ galt als Formulierung non grata, also unerwünscht. Im Redaktionsteam, damals vor fast 20 Jahren, wussten es bald alle: „Vor Ort“ reizt den Chefredakteur. Die Phrase war ihm zu „bundesdeutsch“. So etwas sagt man in Österreich nicht! „Am Ort“ vielleicht, aber am besten nennt man den Ort, den man meint. Der Duden nennt die Wortkombination „umgangssprachlich“. Besser wäre es gewesen, wenn diese Floskel nie in die politische Umgangssprache Österreichs eingesickert wäre. „Wir wollen den Menschen vor Ort helfen“, sagte der neue Außenminister bei seinem ersten EU-Außenministertreffen. Wie ein Mantra betet das die Regierung herunter. Expert/innen „vor Ort“ berichten das Gegenteil: Die Hilfe käme entweder kaum an oder sei von Vornherein unrealistisch. Und überhaupt: Von welchem Ort ist die Rede? Je diffuser die Versprechungen, desto weniger bindend. Selbstverständlich ist es wichtig, gefährdeten Menschen möglichst viel Schutz und Lebensgrundlagen in ihrem eigenen Land zu ermöglichen. Das darf aber nicht gegen die Genfer Flüchtlingskonvention ausgespielt werden. Das Wort „Schutz“ wird leider nicht in Zusammenhang mit „Menschen“ verwendet, sondern nur mit „Grenzen“.
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