KOMMENTAR_
Beim Geld hört für viele der Spaß auf. Wer wie viel verdient, gehört zu den am besten gehüteten Geheimnissen überhaupt. „Kirchen erhalten mehr Geld vom Staat“ titelte der ORF am Sonntag auf seiner Startseite. ‚NOCH mehr?!‘, fragten sich nicht wenige. Nur wer weiterlas und mit Fremdwörtern vertraut war, merkte, dass es nicht darum ging, dass die Kirchen MEHR bekämen, sondern dass eine regelmäßige Auszahlung angepasst wurde, damit Religionsgemeinschaften nicht aufgrund der Geldentwertung immer weniger bekommen. Die Anpassung ist nicht einer guten Laune der Regierung entsprungen, sondern in einem Vertrag von 1960 festgeschrieben. Er regelt die Wiedergutmachung von in der NS-Zeit enteignetem Kirchenvermögen. Die Schlagzeile „Kirchen erhalten mehr Geld vom Staat“ ist also tendenziell. Sie müsste ungefähr so lauten: Vier Religionsgemeinschaften erhalten auch in Zukunft nicht weniger als 1960 vereinbart. Dann wäre die Schlagzeile aber keine Schlagzeile mehr. In der Abwägung zwischen Emotion und Fakten hat sich ein Kollege oder eine Kollegin aus dem ORF für das Erste entschieden. Dieser Verlockung unterliegt jeder von uns irgendwann. Der Titel ist eine Mahnung, sich bei jeder Schlagzeile dreimal zu fragen: Stimmt das?
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