KOMMENTAR_
Verletzungen
Zu „Segen für unverheiratete Paare“ in Ausgabe 2:
Ich bin in der glücklichen Lage, in der Pfarre Enns-St. Laurenz als Pfarrsekretärin tätig zu sein. Leider erfahre ich auch immer wieder von Verletzungen, die in unserer Kirche geschehen. Es geht dabei um die Diskussion über die Segnungswürdigkeit von Beziehungen oder die Verweigerung der Absolution und Kommunion aufgrund einer „irregulären Beziehung“ (auch Wortwahl kann verletzend wirken!). Viele Menschen beschäftigt die Diskriminierung und Chancenungleichheit, der Umgang mit Priestern ohne Amt und deren Familien und die Geheimhaltung von Beziehungen und Kindern von Priestern. Weiters können Gepflogenheiten, die nicht auf den ersten Blick als verletzend erscheinen, Schaden anrichten. Ich denke dabei an Wortgottesfeiern, die mancherorts nicht mit Kommunion stattfinden dürfen oder an Wortgottesfeier-Leiter:innen, die als „Notnagel“ herhalten sollen [...]. Gibt es eigentlich ein Bewusstsein dafür, wie viel Demütigung und Kränkung in unserer Kirche – legitimiert durch das Kirchenrecht – passiert? Was würde Jesus dazu sagen?
Sigrid Buchinger, Enns
Wirtschaft
Zu „Wirtschaften mit Maß und Verantwortung“ in Ausgabe 2:
[...] Viele Menschen, die in herausfordernden Berufen arbeiten, haben sich mit ihren Familien schöne, oft nicht gerade billige Heime geschaffen. Viele Firmen haben dabei Aufträge lukriert, Arbeitsplätze wurden dadurch geschaffen, die Banken profitierten und auch Vater Staat nahm reichlich Steuern ein. Immer nur das Damoklesschwert von der Ausbeutung der Natur und vom Ressourcenverbrauch zu schwingen, halte ich für falsch. [...] Eines vergisst Herr Ungericht, wenn er schon die begrenzte Belastbarkeit des Planeten Erde anspricht – es ist die exponentiell steigende Weltbevölkerung. Allein in meiner Lebensspanne hat sich die Weltbevölkerung verdreifacht – in meiner Hauptschulzeit waren es drei Milliarden, heute, 50 Jahre später sind es neun Milliarden Menschen. Insbesondere in den Ländern des Südens entstehen Städtemoloche ungeahnten Ausmaßes, einhergehend mit einer Verelendung, die zu sozialen Spannungen, Radikalisierungen, Verteilungskämpfen, Fluchtbewegungen etc. führen, Kriege nicht ausgeschlossen.
Karl Aichhorn, Mauthausen
Schwankende Jolle
Zu den Kommentaren in Ausgabe 2 und 3
Ein halbes Jahrtausend lang währte die „Ära des weißen Mannes“. Er hat den Globus beherrscht, zum Teil mit inhumaner Grausamkeit. [...] In seinem Buch „Die Angst des weißen Mannes“(2010) prophezeit der Journalist Peter Scholl-Latour das Ende dieser „weißen Ära“. [...] Und da kommen wir zum Papst-Schreiben „Fiducia supplicans“, das der außereuropäische Katholizismus (großteils) entschieden abgelehnt und Rom veranlasst hat, diese Erklärung „konservativ-verträglich“ zu verwässern. Die Mitteleuropäer sollten langsam zu überlegen beginnen, ob sie tatsächlich noch den (katholischen) Nabel der Welt darstellen. Der (zahlenmäßig) sich „ausdünnende“ hiesige Katholizismus mutiert nach und nach zur Weihnachts- und Osterfolklore. Außerhalb dieser Zeiten sind die Gotteshäuser ziemlich leer, und so ist zu befürchten, dass der „Westen“ seine [...] kirchenpolitische Rolle mittel- bis langfristig einbüßen wird. Die mitteleuropäische Kirche wird dann möglicherweise nur noch eine schwankende Jolle auf (erz)konservativer See sein. Keine rosigen Aussichten für eine Öffnung der Kirche ins 21. Jahrhundert.
Franz Pichler, Perg
KOMMENTAR_
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