KOMMENTAR_
Ich liebe Stanniolpapier, es schimmert so silbrig und elegant. Es klingt nach sauber verpackten Lebensmitteln, nach rascheligen Süßigkeiten und festlich geschmückten Christbäumen. Ich hänge am Stanniolpapier. Obwohl es das gar nicht mehr gibt. „Könnte ich bitte ein Stanniolpapier haben?“, fragte ich im Wirtshaus, um das übrig gebliebene Stück Schnitzel transportabel zu machen. Der Kellner nickte, doch mein Mann sah mich entgeistert von der Seite an. In Zeiten der Alufolie wirkt das Wort „Stanniolpapier“ einfach hoffnungslos veraltet. Natürlich weiß ich, dass das früher gebräuchliche Zinn schon längst durch Aluminium ersetzt worden ist. Aber einmal ehrlich: Wer verwendet schon gern ein Wort, das so gar keine Bilder im Kopf hervorruft? „Zuckerl in Stanniolpapier“ klingt doch viel köstlicher, als wenn sie in Alufolie eingewickelt wären. Lametta aus Stanniolpapier schmückt den Christbaum sicher mehr als Alufolie. Und das Schnitzel in Stanniolpapier schmeckt einfach besser als der Fleischrest in Alufolie. „Das sind doch Nebensächlichkeiten“, mögen Sie vielleicht denken. Aber ohne die wäre manche Kindheitserinnerung nur mehr halb so schön.
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