KOMMENTAR_
Es ist kein gutes Jahr, hörte ich diesen und jene klagen – kein gutes Jahr nämlich, was Äpfel und andere Baumfrüchte betrifft. Zwar blühten die Bäume schön, trugen anfangs verheißungsvoll, doch die feuchte Witterung hat viele der Früchte verderben lassen. Wurmig oder von Pilz und Fäulnis befallen, lagen sie früh schon und unansehnlich im feuchten Gras und man war schon versucht, sich damit abzufinden: Das wird wohl keine gute Ernte werden. Da kamen dann noch einige spätsommerliche Tage und siehe: Immer noch finden sich Früchte am Baum, gar nicht so wenige. Man wird keinen Mangel haben. Es ist, wie es schon so oft war: Da hat man sich wieder einmal zu früh zum Pessimismus verleiten lassen. Das Schlechte, das Gefährliche und Besorgniserregende schafft sich viel leichter und rascher Gehör als das Gute. Aber den guten Baum soll man nicht nach dem messen, was von ihm vorzeitig zu Boden gefallen ist, sondern was er am Ende dennoch gefruchtet hat. Da hat sich einer zu früh gefreut, sagt man, wenn am Ende eine Sache doch noch schief ausgegangen ist. Doch das Umgekehrte geschieht auch sehr oft: dass man zu früh die Hoffnung fallen ließ – nicht nur, wenn es um Apfel, Birne und Zwetschke geht. Schade. Da hat man der Sorge und damit der Bitterkeit wieder einmal viel zu viel Platz eingeräumt.
KOMMENTAR_
DENK_WÜRDIG
Jetzt die KIRCHENZEITUNG 4 Wochen lang kostenlos kennen lernen. Abo endet automatisch. >>
BRIEF_KASTEN