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„Die Speisekarte bitte!“ Gegen Hunger will man eine Auswahl haben. „Gegessen wird, was auf den Tisch kommt!“ Diese Regel gilt nur mehr in seltenen Fällen.
Essen ist eine komplizierte Angelegenheit geworden. Der eine verträgt dies, eine andere das nicht. Fleisch, vegetarisch oder eine der vielen anderen Varianten? Und alles muss dokumentiert sein – mit genauer Inhaltsstoffangabe und Warnhinweisen. Essen ist beinahe so kompliziert geworden wie die Einnahme von Medikamenten. Man speist mit Beipacktext sozusagen. „Bewusst“ will man sich ernähren. Heute kann man es – in einem Teil der Welt.
Doch könnte „bewusstes Ernähren“ nicht eher das bedeuten: nicht gar zu wählerisch zu sein – und einfach nur dankbar zu sein für die Mahlzeit? Nicht also sein Essen zu beäugen mit der Frage, ob auch wirklich nichts dabei ist, was einem schaden könnte? In der ständigen Sorge um das Zu-viel-von-dem und Zu-wenig-von-jenem geht erst recht das gesunde Maß verloren.
Gerade zum „Natürlichen“ gehört, dass eben der eine oder andere Inhaltsstoff mitgegessen wird – und siehe, ein gesunder Körper ist darauf eingestellt. In Zeiten steigenden Hungers auf der Welt, in der zunehmend mehr Menschen keine Wahl beim Essen bleibt, nimmt sich wählerische Ernährungs-Spitzfindigkeit nahezu zynisch aus. „Sei nicht so heikel!“, habe ich früher öfter gehört.
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