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Beim Ausräumen des Hauses meiner verstorbenen Mutter bin ich zu meiner Überraschung auf Spielzeug aus der Kinderzeit gestoßen: auf Cowboy- und Indianerfiguren. Man konnte diese sechs bis etwa acht Zentimeter großen Plastikfiguren nicht kaufen. Sie waren Werbebeigaben und befanden sich in den Packungen von Linde-Kaffee.
Linde-Kaffee war – und ist – ein Ersatzkaffee bestehend aus Malz, Zichorie und mehr. Aus Kostengründen wurde bei uns und in den allermeisten Familien unseres Dorfs Linde-Kaffee getrunken, Bohnenkaffee nur in kleinen Mengen beigegeben. Doch das war für mich, ein Volksschulkind in den 1960er Jahren, zweitrangig. Wichtig war, dass die Packungen rasch leer wurden.
Und dann der spannende Augenblick, wenn man das neue Paket geöffnet und mit einem Löffel nach der Plastikfigur gegraben hat. Hoffentlich kam eine Figur zum Vorschein, die die Nachbarsbuben noch nicht hatten – ein Häuptling mit prächtigem Federschmuck oder ein Cowboy mit großem Gewehr. Nach und nach bin ich zu einer beeindruckenden Sammlung gekommen, mit der ich mich unzählige Stunden lang gespielt habe.
Nun habe ich nach vielen Jahrzehnten das Spielzeug, das inzwischen politisch völlig unkorrekt geworden ist, entsorgt. Bis auf eine Figur: einen indianischen Späher. Der steht auf meinem Schreibtisch und hilft mir, nach guten Geschichten für die Zeitung Ausschau zu halten.
Josef Wallner
josef.wallner@kirchenzeitung.at
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