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Er sitzt allein im Altarraum und spielt seine Stimme. Anton Bruckners Streichquintett F-Dur, 3. Satz, Adagio. Vier leere Notenständer, vier leere Sessel. Töne, Pausen, Stille. So verloren wie der Bratschist hier sitzt, so eindrucksvoll transportiert er, wie es ihm geht. „Ich vermisse meine Kolleginnen und Kollegen. Ich vermisse die Musik, die wir hier gemeinsam machen – und ich vermisse das Publikum“, sagt der Bratschist Peter Aigner. Er ist Musikschullehrer, Intendant der Kammermusiktage in St. Marien und Obmann des Brucknerbundes Ansfelden. Und in all diesen Funktionen macht er sich Gedanken, wie es nun mit dem Kulturland weitergeht.
„Ich denke da vor allem an die kleinen Kulturinitiativen im ländlichen Raum. Sie sind die kulturellen Nahversorger. Wie wird es mit ihnen weitergehen?“, fragt er sich und die Sorge um die Zukunft schwingt mit. „Ich hoffe, dass die Kulturinitiativen im ländlichen Raum diese Corona-Krise gut überstehen. Denn die großen Institutionen wie Landestheater oder Brucknerhaus werden weiter bestehen“, meint Aigner. Für kleine Kulturveranstaltungen braucht es Förderungen von der öffentlichen Hand und Sponsorengelder von Firmen und Wirtschaftstreibenden. „Dass diese jetzt andere Sorgen haben, kann ich verstehen. Trotzdem können wir nicht privat alles finanzieren. Die Musiker/innen und Künstler/innen müssen auch bezahlt werden. Viele leben davon. Es ist ihr Einkommen“, gibt Aigner zu bedenken.
Peter Aigner ist Absolvent des Linzer Musikgymnasiums und ein Schüler von P. Balduin Sulzer. Der Musiker, Pädagoge, Komponist und Mentor ist vor einem Jahr am 10. April gestorben. Wie seinem „Lehrer“ ist es Peter Aigner ein Anliegen, dass Kultur und Musik das ganze Land durchziehen – vom kleinsten Dorfkirchlein bis in die großen Städte. „Ich habe den Eindruck, dass die Menschen schon hungrig sind nach Kultur. Nämlich auch nach kulturellen Veranstaltungen, die vor ihrer Haustüre passieren.“ Große Häuser in den Städten und kleine Konzerte am Land haben ihre Berechtigung und nebeneinander Platz. Die Qualität der Konzerte ist bei beiden hoch. Aigner ist wie viele seiner Musikerkollegen Lehrer an einer Landesmusikschule. Auch hier ist er gefordert, das musikalische Feuer an die nächste Generation weiterzugeben. In Corona-Zeiten sind auch hier viele Veränderungen passiert. Unterricht via Skype oder Whatsapp, Notenmaterial per Mail verschicken und immer wieder in Kontakt mit den Schülerinnen und Schülern treten: „Die meisten freuen sich, dass es weitergeht und wollen unbedingt weitermachen“, freut sich Aigner als Musikschullehrer, dass hier die Musikwelt nicht stillsteht.
„Was jetzt gefordert ist, ist Solidarität und Zusammenhalt“, meint Aigner mit Blick auf die freie Künstlerszene. Es ist wichtig, dass hier die Musiker/innen zusammenstehen, aber auch die Politik Ausfälle kompensiert, wie dies der Härtefallfonds der Regierung auch für Kulturschaffende vorsieht. – Die Veranstaltungen für den Brucknerbund im März und April musste Peter Aigner als Veranstalter absagen. Möglicherweise kann die „Wanderung zur Symphonie“ von Ansfelden nach St. Florian im Rahmen der Brucknertage am 21. August stattfinden. Die nächsten Konzerte zum Jubiläum „Bruckner 200“ sind im November geplant. Bis dahin hofft Aigner, dass so etwas wie „Normalbetrieb“ wieder möglich ist und meint abschließend: „Wer den Brucknerbund jetzt schon unterstützen möchte, kann dies jederzeit tun – zum Beispiel mit einer Mitgliedschaft.“
Es sind kleine Initiativen wie der Brucknerbund Ansfelden oder die Kammermusiktage in St. Marien, die mit viel privatem Engagement Kultur vor Ort abseits der großen Häuser bieten. Peter Aigner (Bild) hofft, dass diese Kulturinitiativen im ländlichen Raum auch nach der Krise weiter bestehen können. Auf unserem Bild sitzt Peter Aigner in der Kirche St. Michael in St. Marien – und übt alleine.
Dazu gibt es auch ein Video:
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