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Bereits zum 16. Mal findet das mittlerweile bestens etablierte Filmfestival „Crossing Europe“ in Linz statt. Die Festivalverantwortliche Christine Dollhofer und ihr kompetentes Team haben auch heuer wieder für die verschiedenen Sektionen aus der europäischen Filmlandschaft ein aus rund 150 Spiel- und Dokumentarfilmen bestehendes Programm zusammengestellt. Mehr als 60 Länder haben ihre Filme bereitgestellt, die Auswahl belegt die große Themenvielfalt, aber auch die Bandbreite formaler Ausdrucksformen, die mit Nachdruck zeigen, dass Europa trotz aller Homogenisierungstendenzen über eine kulturelle Vielfalt verfügt, die einzigartig ist.
Schon die Eröffnungsfilme könnten inhaltlich wie formal nicht unterschiedlicher sein. Der stets mit großer Akribie und Sensibilität arbeitende österreichische Filmemacher Joerg Burger porträtiert in „Elfie Semotan, Photographer“ die 77-jährige zwischen dem Burgenland, Wien und den USA agierende Kunst- und Werbefotografin. Von der aktuellen Ausgabe der Berlinale konnte Christine Dollhofer als Österreichpremiere das viel diskutierte Debüt der deutschen Regisseurin Nora Fingscheidt nach Linz holen. „Systemsprenger“ wird von der großartigen Kinderdarstellerin Helena Zengel getragen. Der Film erzählt von den Problemen, die ein neunjähriges Mädchen hat und macht. Der Film wirkt wie seine Protagonistin: eruptiv, zornig, roh. Die Sektion „Nachtsicht“ wird mit einem dystopischen Polit-Thriller eröffnet. Das Festival folgt mit diesem und einigen weiteren Filmen einer Tendenz, die in Literatur und Film derzeit allgegenwärtig ist: Die Gesellschaft der Zukunft scheint nur noch in trostlosen Bildern vorstellbar. „Sons of Denmark“ von Ulaa Salim thematisiert die Radikalisierung junger Menschen auf verstörende Weise und ist dabei von erschreckender Aktualität, wenn man sich die jüngsten Ereignisse in Neuseeland vergegenwärtigt. Zwar im Jahr 2025 situiert, belegt der Film nachdrücklich, was restriktive Politik auslöst. Das antiislamische Klima führt zur Radikalisierung derjenigen, die ausgegrenzt werden. Einen ungewöhnlichen Einblick in die europäische Welt des Islam ermöglicht „Oray“ von Mehmet Büyükatalay, der einen strenggläubigen Muslim in seinem Zweispalt in der deutschen nicht muslimischen Gesellschaft, aber auch mit den verschiedenen Strömungen des Islam zeigt. Auch der Abschlussfilm „Gott ist eine Frau und heißt Petrunya“ der aus Mazedonien stammenden Regisseurin Teona Strugar Mitevska spiegelt die sich vollziehenden Veränderungen gegenüber traditionellen Ritualen wider. Die Protagonistin, eine 32-jährige Historikerin, sorgt mit ihrem Auftreten in einem bisher Männern vorbehaltenen Bereich für gehörigen Wirbel.
Die Retrospektive ist dieses Jahr dem spanischen Regisseur Jaime Rosales gewidmet. Eröffnet wird sie mit seinem neuen Film „Petra“, der seine Protagonistin auf eine Identitätssuche schickt, die sich nach und nach zu einem analytischen Drama entwickelt, das durchaus Ähnlichkeiten mit den Werken von Sophokles aufweist. Ein spezielle Werkschau beschäftigt sich auch mit dem Schaffen der Linzer Filmemacherin und Malerin Edith Stauber, deren jüngster Kurzfilm „Linz/Stadtpfarrkirche“ sie wieder einmal als präzise Beobachterin alltäglicher Orte ausweist, die auf den ersten Blick nicht besonders wirken, aber doch bei eingehender Beschäftigung viel zu erzählen haben.Der schönste Eröffnungsfilm ist eine Reprise: „Bota“ wurde schon 2014 in Linz gezeigt. Iris Elezi, eine umtriebige Repräsentantin des albanischen Films, hat für die Sektion „Spotlight“ ein interessantes Programm zum Filmschaffen ihres noch immer marginalisierten Landes zusammengestellt, das man sich nicht entgehen lassen sollte.
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