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Im September 2017 wurde im Pfarrhof Goldwörth eingebrochen. Neben Geld wurden auch mehrere Monstranzen gestohlen. Die Diebe wurden gefasst, die liturgischen Gegenstände blieben verschollen. Die Pfarre wollte keine „08/15“-Monstranz aus dem Katalog, sondern beauftragte den Künstler Roman Pfeffer mit einer Neuanschaffung. Ganz im Sinne von: Gelebter Glaube heute braucht auch Kunst aus unserer Zeit. Die nun von ihm gestaltete Monstranz ist nicht nur neu, sondern auch untypisch.
Als Material verwendete Roman Pfeffer Mooreiche. Dieses Holz ist 2.000 bis 3.000 Jahre alt, war verschüttet und wurde bei Grabungen gefunden, der Versteinerungsprozess hat bereits eingesetzt. Mooreiche kam auch schon bei der Gestaltung des Kirchenraums zum Einsatz und korrespondiert mit der Geschichte der Pfarre, die immer wieder von Hochwasser betroffen war.
Ungewöhnlich ist nicht nur das Material – Mooreiche an der Vorderseite und Bronze an der Hinterseite, sondern auch die Positionierung der mondförmigen Klammer – „Lunula“ – für die Hostie. Die goldene Klammer hält die Hostie, den „Leib Christi“. Üblicherweise ist diese mittig angebracht. Pfeffer hat sie seitlich positioniert, sie ist aus dem Zentrum an den Rand gerückt. Für Pfarrer Josef Pesendorfer ist dies ein wesentliches Zeichen: „Jesus kam auf die Welt, wurde einer von uns, uns ganz gleich. Er ging besonders auf die Menschen am Rande der Gesellschaft zu.“ Diese Deutungsmöglichkeit wirkt überzeugend. Das neu geschaffene Werk bleibt für viele weitere Deutungen offen.
Spannend ist auch, dass die Monstranz selbst die Form eines Brotlaibs hat. Vorne ist die Maserung des Holzes, die wie Bruchlinien vom Brotbrechen wirken, gut erkennbar. Die Rückseite in Bronze erinnert an einen frischen Brotlaib. Metalle wie Bronze oder Gold stehen für das Heilige oder Göttliche. Durch die dunkle Oberfläche der Mooreiche zeichnet sich die helle Hostie stärker ab, der Kontrast ist auch in weiterer Entfernung gut erkennbar.
Die Monstranz wird nicht, wie sonst üblich, an einem Stab befestigt und in die Höhe gehalten, sondern vor dem Körper – in der Leibesmitte – getragen. Die Worte, die in der Liturgie gesprochen werden: „Nehmt und esst, das ist mein Leib“ bekommen so eine neue Dimension. Roman Pfeffer sagt dazu: „Die Handhabung leitet sich von der Form ab. Die kreisrunde Form ist als Einheit zu sehen. Diese soll nicht durchbrochen werden durch einen Ständer oder Stab, die eigentlich nur zusätzliches Beiwerk wären. Die Monstranz wird reduziert auf das Wesentliche.“ Zu Fronleichnam kommt die neue Monstranz in Goldwörth erstmals zum Einsatz.
Zum Künstler
Roman Pfeffer, geboren 1972, ist ein international anerkannter Künstler aus Vöcklabruck. Er lebt und arbeitet in Wien und studierte dort an der Akademie der Bildenen Künste und am Kent Institute in Canterbury/England. 2013 erhielt er beim Österreichischen Grafikwettbewerb den Hauptpreis, 2018 bekam er den Dagmar Chobot Skulpturenpreis. Mit Ausstellungen ist er in vielen Ländern Europas präsent.
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