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„Es gibt kaum ein Gebäude, das so verbunden ist mit Bruckner wie der Dom“, sagt Wolfgang Kreuzhuber. Der Domorganist hat sich an Bruckners Spuren im Mariendom geheftet.
Kreuzhuber ist als Domorganist der fünfte Nachfolger Anton Bruckners in dieser Funktion und kennt die Orte im Mariendom, an denen Bruckner höchstpersönlich gestanden ist und dirigiert hat. Die starke Verbindung zu Bischof Rudigier hatte zur Folge, dass der Komponist aus Ansfelden viele seiner Werke für den neuen „Mariä Empfängnis-Dom“ in Linz geschrieben hat.
Rudigier galt als „glühendster Bewunderer“ des Orgelspiels von Anton Bruckner. Der Bischof bestellte sich Bruckner immer wieder zum „Zwecke der musikalischen Tröstung“ in den Alten Dom. Er lauschte allein in der Kirche sitzend Bruckners Spiel, hörte ergriffen zu und erlangte dadurch, so berichten die Quellen, sein seelisches Gleichgewicht wieder.
„Gotik und Neogotik haben Bruckner sehr interessiert. In Wien war er oft im Stephansdom und studierte die Zahlenverhältnisse“, weiß Kreuzhuber. Zur Grundsteinlegung des Mariendoms komponierte Bruckner auf die Bitte Rudigiers hin eine Festkantate, die 1862 vom Sängerbund Frohsinn uraufgeführt wurde.
Auch die e-Moll-Messe, die später zur Einweihung der Votivkapelle am 29. September 1869 vom Komponisten selbst uraufgeführt wurde, ist ein Auftragswerk Rudigiers. Zudem schuf Bruckner das berühmte „Locus iste“, ebenfalls für die Einweihungsfeier der Votivkapelle. Der Text des Locus iste ist mächtig: „Dieser Ort ist von Gott geschaffen, ein unschätzbares Geheimnis, kein Fehl ist an ihm.“ - Heute ein Standardwerk für jeden Chor, der etwas auf sich hält.
Die Aufführung kam zum Festtag der Einweihung nicht zustande, aber vier Wochen später, am 29. Oktober, erklang das Werk unter der Leitung des damaligen Chordirigenten Johann Baptist Burgstaller, der mit Anton Bruckner befreundet war.
Das „Te Deum“ – ein Werk ohne Auftrag – stellte Bruckner erstmals 1881 fertig. Es wurde am 10. Januar 1886 im Wiener Konzerthaus zur Aufführung gebracht. Bruckner bezeichnete sein Te Deum als „Stolz meines Lebens“: „Wenn mich der liebe Gott einst zu sich ruft und fragt: ‚Wo hast du die Talente, die ich dir gegeben habe?‘, dann halte ich ihm die Notenrolle mit meinem Te Deum hin und er wird mir ein gnädiger Richter sein.“
In einer Kirche erklang es erstmals im Linzer Mariendom. Im Linzer Volksblatt vom 1. Oktober 1887 wird darüber Folgendes berichtet, wie Kreuzhuber recherchiert hat: „Die Abendandacht wurde verherrlicht durch die vorzügliche Aufführung von Anton Bruckner’s großartigem Te Deum. Diese herrliche Composition wurde gestern zum erstenmale in einer Kirche bei einem Gottesdienste aufgeführt; denn bisher wurde sie wegen ihrer Ausdehnung und Wegen der immensen, schwierigen Anforderungen, die Bruckner an den Chor und an das Orchester stellt, nur im Concertsaale zur Aufführung gebracht. (...) Bruckner selbst äußerte sich dem Schreiber dieser Zeilen gegenüber, dass es ihn unendlich freue, sein Te Deum zum erstenmale beim Gottesdienste in jener Kirche zu hören, welche ihm so sehr an’s Herz gewachsen sei und in welcher auch im Jahre 1869 bei der Einweihung der Votivkapelle seine E-moll-Messe zum erstenmale gesungen wurde.“
Domorganist Kreuzhuber fühlt sich von Bruckner und dem Raum des Mariendoms inspiriert. „Dieser Geist beeinflusst meine Arbeit“, erzählt er. Werke, die für diesen Dom geschrieben wurden, sollen auch mit dem Raum – und nicht gegen ihn – musiziert werden. Auf die Architektur müsse man sich einlassen. Auch Kreuzhuber komponiert, sein jüngstes Werk ist eine Festfanfare, die am 28. April beim Festakt erklingen wird. Mit der Neugotik musste sich der Domorganist selbst erst anfreunden. Jetzt ist er seit über 40 Jahren im Mariendom tätig und selbst ein lebendiger Dombaustein. „Ich habe den Dom mittlerweile sehr schätzen gelernt.“
Wie beeinflusste die Architektur Bruckners Schaffen? Ein Symposium beschäftigt sich mit dem Zeitraum von 1824 bis 2024 und legt Verbindungen von Architektur und Musik offen. Mit einem Konzert in Erinnerung an Bruckner klingt der 27. April musikalisch aus.
Symposium 1824 – 1924 – 2024: Drei Jahreszahlen stehen im Zentrum des Symposiums, das den Titel „Anton Bruckner und der Mariendom Linz. Neogotik in Architektur, Musik und Geschichte“ trägt. 1824 nimmt die Reise zu Anton Bruckner und seinem Linzer Umfeld ihren Ausgangspunkt. 1924 verlagert sich der Fokus auf Baugeschichte und Architektur des Linzer Mariendoms. 2024 vereinen sich Bruckner und Mariendom zu einem gemeinsamen Kosmos: Darum setzt dieses Symposium Anton Bruckner und die Neogotik in Architektur, Musik und Geschichte erstmals in Beziehung und bietet spannende Einblicke in die Welt von 1824 – 1924 – 2024.
Das Symposium findet am Sa., 27. April im Linzer Priesterseminar statt und beginnt um 13.30 Uhr, Infos: www.rudigierorgel.at/bruckner-und-mariendom/symposium-1824-1924-2024
Glasfenster der kleinen Sängerempore. Dort hat auch Bruckner an der alten Chororgel musiziert.
„Bei keinem anderem hat die Mitwelt weniger Notiz von seiner Eigenart genommen wie bei Bruckner. Kaum sonst wo ist das biographische Material ein so kärgliches wie bei diesem Einsam-Großen“, schreibt August Göllerich, der von Bruckner selbst als sein „berufener, authorisirter (sic) Biograph“ bezeichnet wurde. Die Bruckner-Resonanzen im Mariendom laden dazu ein, sich dem Menschen Anton Bruckner in Wort und Musik zu nähern. Originaltexte von und Anekdoten zu Bruckner verbinden sich kongenial mit seinen Kompositionen und Bearbeitungen für Orgel sowie eigenen Tonschöpfungen in Resonanz auf den großen Komponisten. Die musikalisch-poetische Annäherung findet im Rahmen von Musica Sacra, 100 Jahre Mariendom und 200 Jahre Anton Bruckner statt.
Sa., 27. 4., 20 Uhr, Mariendom,
Wolfgang Kreuzhuber (Orgel), Manuel Klein (Sprecher)
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