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Wie ist der Prozess der Programmgestaltung abgelaufen?
Chorleiterin Birgit Buck: Im Sommer 2022 haben wir im engsten Kreis mit dem Brainstorming begonnen. Anton Bruckner bedeutet: Orgel! Also betten wir sein 200. Geburtstagsfest in Orgelklänge ein. Ein Schweizer Volkslied, ein französisches Chanson und „My Way“ nach Frank Sinatra lassen uns in die Ferne schweifen, bevor wir die Musik hochleben lassen.
Der Programmtitel ist „my way“. Was war das Besondere an Bruckners Weg?
Obfrau Margit Mostbauer: Vom musikalisch sehr begabten Kind – er schrieb mit 11 Jahren sein erstes „Pange lingua“ – über den Lehrer zum Organisten, zum Komponisten und schließlich zum großen Symphoniker, alles ohne Mentor! Immer wieder Zweifel, aber ausreichend Resilienz, heftiger Kritik gegenüber, Angst, zu verarmen, aber eine Berufung spüren und auch, wenn es immer wieder mit großen Veränderungen einhergeht, dennoch dranbleiben. Dieses Durchhaltevermögen: Das ist Anton Bruckners „my way“.
Was bleibt heute noch von Anton Bruckner erhalten?
Buck: Seit 1946 sind „wir“ chorlich genau in dem magischen Dreieck mit Pfarrhof, Pfarrkirche und dem ehemaligen Dorfwirtshaus – heute Anton-Bruckner-Centrum – daheim. Dort, wo einst Anton Bruckner ein und aus ging und irgendwie heute immer noch präsent ist mit einer Statue, einem Denkmal, mit Bildern. In der Kirche stehen wir bei Gottesdiensten am Chor, wo einst schon Anton Bruckner als Kind seinen Vater heimlich vertreten hat beim Orgeln, wenn dieser krank war. Die Inspiration! So halten wir die Tradition im Sinne von Anton Bruckner hoch.
Inwieweit ist in Ansfelden noch eine Bruckner-Präsenz spürbar?
Buck: Überall im ursprünglichen Stadtteil „Ansfelden“. Dort steht das Geburtshaus Anton Bruckners, das heute ein helles, freundliches Museum ist und dem Besucher seine „Lebenslandschaften“ näherbringt. Das Anton-Bruckner-Centrum, das ehemalige Dorfwirtshaus „Pollhammer“, wo sein Vater einst zum Tanz aufgespielt hat und Toni sicher oft mit dabei war. In unserem Probenraum hängen gleich zwei Porträts. Ob er manchmal bei schrägen Tönen das Gesicht verzieht? Im Ort gibt es auch die Anton-Bruckner-Straße, in Haid die Anton-Bruckner-Apotheke ...
Auch seine Nachfahren in der Gegend sind immer wieder in Ansfelden anzutreffen, das ist wirklich berührend.
Haben Sie oder der Chor persönliche Lieblingswerke Bruckners?
Buck: Ich liebe die Vielseitigkeit von Bruckners Schaffen. Zu meinen Lieblingswerken zählen die Motette „Virga Jesse“ und die Messe Nr. 2 in e-Moll. Nicht zu vergessen ist außerdem „der Steiermärker“ für sein Klavier-Solo. Und das „Locus iste“ war schon immer unsere Chor-Hymne, noch vor dem aktuellen Hype!
Viele Chöre haben in der heutigen Zeit Probleme, Mitglieder, Leiter:innen etc. zu finden. Wie blicken Sie in die Zukunft des Kirchenchors?
Mostbauer: Wir sind alle 50+, um es positiv auszudrücken. Die Kirchgänger:innen werden merklich weniger, Unterstützungen brechen weg. Große Messen mit Orchester werden in Zukunft pekuniär eigentlich kaum mehr möglich sein.
Aktuell gibt es auch durch das Gemeinnützigkeitsreformgesetz große Unsicherheiten und mehr Organisationsaufwand. Als Chorleiterin, die nicht im Ort wohnt, habe ich auch eine längere Anfahrt, aber die Gemeinschaft ist mir das wert!
Was wollen Sie mit dem Konzert an die Menschen weitergeben, musikalisch und persönlich?
Buck: Wir wollen den Menschen unsere Zeit schenken. Durch die Musik wird eine ganz besondere Atmosphäre geschaffen, die zur Entspannung, zum Nachdenken und zur Freude einlädt. Wir wollen, dass das Publikum Emotionen bewusst wahrnimmt. Etwas, das in unserem hektischen Alltag stets zu kurz kommt. „Man sieht nur mit dem Herzen gut“, würde Antoine de Saint-Exupéry sagen.
Konzert am 22. Juni, 19:30 Uhr, Pfarrkirche Ansfelden
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