Als Helga Scheidls Sohn geboren wurde, war noch der Hausarzt zuständig für Kinder mit Entwicklungsverzögerung. Und auch dieser wusste noch nicht viel über die Bedürfnisse von Kindern mit Beeinträchtigung: etwa dass sich Medikamente, die anderen Kindern helfen, negativ auswirken können. Oder dass Frühförderung sinnvoll ist. Helga Scheidl gab ihre Arbeit auf, um ihren Sohn betreuen zu können. Es seien anstrengende Jahre gewesen, bis er zur Lebenshilfe gekommen sei, sagt sie. Heute ist ihr Sohn 36 Jahre alt und lebt in einer teilbetreuten Wohnung.
Helga Scheidl ist Präsidentin der Lebenshilfe OÖ, zu der mittlerweile mehr als 90 Einrichtungen zählen. Darüber hinaus werden Kindergärten, Frühförderstellen und ein heilpädagogischer Hort angeboten. Mehr als 1.850 Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung werden von 1.400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern begleitet und gefördert. Es war ein weiter Weg in den vergangenen 50 Jahren, von der ersten „Tagesheimstätte“ in Vöcklabruck bis heute. Das Bild vom Menschen, der rund um die Uhr betreut werden muss, hat sich gewandelt. Menschen mit Beeinträchtigung sollen so selbstständig wie möglich leben können. Dazu gehört auch, dass nicht über sie, sondern mit ihnen gesprochen wird und einmal im Jahr Ziele festgesteckt werden, damit sich jede und jeder nach den eigenen Möglichkeiten weiterentwickeln kann. Das „personenbezogene Arbeiten“ ist für Helga Scheidl eine der Errungenschaften der Lebenshilfe.
Menschen mit Beeinträchtigung sind sichtbarer geworden. Wo sie mit anderen in Kontakt kommen, werden Vorurteile abgebaut. Doch bis sie als gleichwertige Mitglieder der Gesellschaft anerkannt würden, brauche es noch eine Generation, meint Helga Scheidl. Zum 50-Jahr-Jubiläum geht die Lebenshilfe mit einigen Schwerpunkten an die Öffentlichkeit: Das monatliche „Taschengeld“ von 50 Euro sei eines Erwachsenen unwürdig, vor allem betreffe dies jene, die 38 Stunden pro Woche arbeiten. Wenn finanzielle Förderungen umgeschichtet würden, könnte sich ein Grundeinkommen ausgehen. Weiters soll der Kontakt zwischen Interessenvertretung (IV) und Politik gefördert werden: Im September wird die Lebenshilfe Politiker/innen zum persönlichen Gespräch einladen. Je mehr Entscheidungsträger/innen über Menschen mit Beeinträchtigung wüssten, desto eher würden die Bedürfnisse berücksichtigt, hofft die Präsidentin. Dazu gehört auch der kontinuierliche Bau von Wohnplätzen – für Ältere, deren Eltern sie aus Altergründen nicht mehr begleiten können, und für Jüngere, die selbstständig wohnen wollen. „Da unterscheiden sie sich nicht von anderen jungen Menschen“, sagt Helga Scheidl. Im Rahmen der Veranstaltungen zum Jubiläum wird es im Juni eine Ausstellung im Linzer Mariendom geben.
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