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Rendi-Wagner: „Statt leerer Versprechen braucht es echte Hilfe“

Gesellschaft & Soziales

Die Corona-Krise hat Österreich vor neue Herausforderungen gestellt. Nach Gesprächen mit Ministerin Susanne Raab (ÖVP) und Minister Rudi Anschober (Grüne) haben wir Pamela Rendi-Wagner, Oppositionsführerin und SPÖ-Vorsitzende, zum Interview gebeten. Wie sieht Pamela Rendi-Wagner die Arbeit der Regierung und was braucht es jetzt am dringendsten? 

Ausgabe: 24/2020
08.06.2020
- Elisabeth Leitner
Pamela Rendi-Wagner ist Bundesparteivorsitzende der SPÖ. Im Interview mit der KirchenZeitung spricht sie sich für eine neue Solidarität und einen starken Sozialstaat aus.
Pamela Rendi-Wagner ist Bundesparteivorsitzende der SPÖ. Im Interview mit der KirchenZeitung spricht sie sich für eine neue Solidarität und einen starken Sozialstaat aus.
© Prinz

Die Corona-Krise hat die Arbeitswelt vor große Herausforderungen gestellt, besonders augenfällig wurde das bei der 24-Stunden-Pflege,  Erntehelfer/innen, Pflegekräften und Mitarbeiter/innen im Handel. Was hat die Corona-Krise hier deutlich gezeigt?
Pamela Rendi-Wagner:
Die Corona-Krise hat uns gezeigt, wie wichtig ein starker Sozialstaat ist. Und wie sehr wir aufeinander angewiesen sind. Frauen sind mit Jobs in Spitälern und Geschäften, mit Home-Schooling und Pflege besonders stark von der Krise betroffen. Die zentrale Frage ist, wer die Kosten dieser Krise zahlt. Es darf nicht sein, dass am Ende nur die viel beklatschten „Heldinnen und Helden des Alltags“ die Zeche zahlen. Auch Millionenvermögen und Online-Konzerne müssen ihren Beitrag leisten. Das ist eine Frage der Gerechtigkeit.


Vom Applaus wird man nicht satt: Wie müssen die Konzepte zur Bewältigung dieser strukturellen Probleme aussehen? Welche Schritte muss die Regierung hier als nächstes setzen? 
Rendi-Wagner:
Die Hilfen der Regierung sind zu wenig, zu bürokratisch und kommen zu spät oder gar nicht an. Statt leerer Versprechen braucht es echte Hilfe. Tausende Betriebe stehen vor dem Aus. 1,8 Millionen Menschen sind arbeitslos oder zur Kurzarbeit gemeldet. Besonders dramatisch ist die Situation bei Jugendlichen. Deshalb braucht Österreich das größte Investitions- und Beschäftigungspaket in der Geschichte der 2. Republik. Wir müssen uns aus der Krise herausinvestieren. Und wir müssen den Sozialstaat stärken, denn er schützt vor Verwundbarkeit.


Als Medizinerin haben Sie einen besonderen Blick auf die Maßnahmen der Regierung in der Corona-Krise: Was können Sie aus medizinischer Sicht positiv hervorheben? Wo hätten Sie sich andere Maßnahmen und Konsequenzen gewünscht? Was ist jetzt zu tun?
Rendi-Wagner:
Dank der Mithilfe der Bevölkerung und unserem guten öffentlichen Gesundheitssystem ist es gelungen, die Ausbreitung des Virus stark einzudämmen. Die harten Maßnahmen zu Beginn waren notwendig. Ich habe viele Vorschläge gemacht, die die Regierung umgesetzt hat – von Fiebermessungen an Flughäfen, der Absage von Großveranstaltungen bis zur Ausweitung von Tests. Doch bei der Bekämpfung der wirtschaftlichen und sozialen Folgen hat die Regierung versagt.


Kunst ist kein Luxus, sondern Lebensmittel. – Zum Prekariat in der Kunstszene: Welche Maßnahmen sind notwendig, um freischaffende Künstler/innen aus prekären Lebens- und Arbeitsbedingungen zu befreien? Warum braucht es hier staatliche Förderungen und sind diese ausreichend?
Rendi-Wagner:
Die Kulturbranche musste als Erste zusperren und gehört zu den Letzten, die wieder aufsperren. Die Unterstützung der Regierung ist auch in diesem Bereich mangelhaft – Hilfen kommen bei Künstlern und Kreativen nicht an. Die SPÖ schlägt eine Kultur-Milliarde vor. Es braucht auch finanzielle Kompensation für fehlende Ticketverkäufe und die Möglichkeit zur Kurzarbeit für freischaffende Künstler/innen. 


Es gibt den Vorwurf an die SPÖ, dass ihre Antworten auf soziale Fragen die Menschen nicht erreichen. Was sagen Sie dazu? 
Rendi-Wagner:
Die Corona-Krise zeigt uns, wie sehr wir auf die Gemeinschaft und den Sozialstaat angewiesen sind. Die Sozialdemokratie konnte den starken Staat und ein gutes öffentliches Gesundheitssystem gegen neoliberale Widerstände erhalten. Heute sehen wir, dass das neoliberale Konzept mit seinem Leitspruch „Weniger Staat, mehr privat“ gescheitert ist. Es ist Zeit für eine neue Solidarität. Dafür steht die Sozialdemokratie.


Welches Engagement würden Sie sich vonseiten der Kirche(n) und Religionsgemeinschaften wünschen? Wo würde es heute eine starke Stimme in unserer Gesellschaft brauchen?
Rendi-Wagner:
Wir müssen gemeinsam jene unterstützen, die unsere Hilfe am dringendsten brauchen: armutsgefährdete Kinder, alleinerziehende Mütter, Arbeitslose. Wir dürfen niemanden zurücklassen.

 

Das Interview musste aus Termingründen schriftlich geführt werden. 

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