Am 30. Juni war es erstmals möglich, auch den sonst öffentlich nicht zugänglichen jüdischen Friedhof von Linz im Rahmen einer Führung auf dem St. Barbara Friedhof zu besichtigen. Mehr als 60 Personen kamen der Einladung des St. Barbara Friedhofs nach. Das zeigt das sehr große Interesse an diesem Thema.
Aufgrund der Diskriminierung hatte die jüdische Gemeinde in Linz erst im Jahr 1862 ein Grundstück nur 200 Meter vom St. Barbara Friedhof entfernt erwerben können, um dort ihre Verstorbenen zu bestatten. Nach der Machtübernahme durch das NS-Regime war der jüdische Friedhof unmittelbar von der Schließung bedroht.
In dieser kritischen Situation bewährte sich das mittlerweile gute Verhältnis zwischen katholischer Kirche und Kultusgemeinde: 1938 wurde dem St. Barbara-Gottesacker-Fonds das gesamte Grundstück zur Pacht auf 99 Jahre angeboten. Die Gegenleistung war, den jüdischen Friedhof „zu bewachen, zu betreuen und instand zu halten“.
So wurde der jüdische Friedhof vor der Zerstörung gerettet. 1945 wurde der Pachtvertrag einvernehmlich wieder gelöst. 116 Gräber wurden durch Bombardierung im zweiten Weltkrieg zur Gänze zerstört und sind nicht mehr sichtbar. Durch einen Lageplan ist heute jedoch noch nachvollziehbar, wo welche Personen begraben sind.
Anfang Dezember 2022 wurde der jüdische Friedhof nach einer Generalsanierung feierlich wiedereröffnet. Die Stadt Linz wird in den kommenden 20 Jahren für die weitere Pflege des denkmalgeschützten jüdischen Friedhofs sorgen.
Der jüdische Friedhof liegt heute innerhalb des Areals des St. Barbara Friedhofs und wird von der Israelitischen Kultusgemeinde selbst verwaltet. Der St. Barbara Friedhof unterstützt die Kultusgemeinde logistisch bei den seltenen Bestattungen.
Der Rundgang präsentierte auch Besonderheiten des St. Barbara Friedhofs, des größten katholischen Friedhofs in Oberösterreich: vom Grab von Adalbert und Amalie Stifter bis zu den Naturschönheiten an diesem Ort der Erinnerung.
Aufgrund des großen Interesses wird der St. Barbara Friedhof versuchen, in Zusammenarbeit mit der Israelitischen Kultusgemeinde weitere Führungstermine anzubieten, bei denen sich wieder die Tore des jüdischen Friedhofs öffnen. Am 9. Oktober 2023 um 18 Uhr ist im Rahmen eines Vortrags auf dem St. Barbara Friedhof mit der Präsidentin der Israelitischen Kulturgemeinde, Dr. Charlotte Herman, Gelegenheit, mehr über das Thema „Der Tod im Judentum“ zu erfahren.
Führungen auf dem katholischen Friedhof mit den staatlich geprüften Austriaguides bietet der St. Barbara Friedhof schon mehr als ein Jahrzehnt regelmäßig an. Die nächsten Termine sind: 24. September, 20. Oktober und 3. Dezember, jeweils um 14 Uhr.
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