Die Nachwirkungen der Pandemie, der Krieg in der Ukraine und im Nahen Osten, die Klimakrise – das Sicherheitsgefühl schwindet. Seit 2017 haben sich bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen Ängste und seelische Belastungen vermehrt, berichtet Barbara Lanzerstorfer-Holzner, Referentin der Telefonseelsorge OÖ. Mädchen sind von dieser Entwicklung stärker betroffen als Burschen.
Natürlich steht die Telefonseelsorge auch jungen Menschen offen, aber das Telefon ist nicht ihre bevorzugte Kommunikationsform. Heute prägen Messengerdienste wie WhatsApp den Alltag der Generationen, die schon mit dem Computer aufgewachsen sind.
Darauf hat sich die Telefonseelsorge bereits eingestellt: Sie bietet Chatberatung an – und das bei steigender Nachfrage, wie Silvia Breitwieser, Leiterin der Telefonseelsorge OÖ berichtet. Ein Chat ist ein Online-„Gespräch“, bei dem man sich abwechselnd schreibt. Allerdings braucht es für diese Beratung, die personell wie technisch aufwendiger als Telefonberatung ist, eine spezielle Schulung der Berater:innen.
Die Vorteile der Chatberatung erläutert Stefan Kühne, Erwachsenenbildner und Experte für Onlineberatung: „Manchmal ist Schreiben leichter als Sagen. Der Chat bietet die Möglichkeit eines schriftlichen Gesprächs. Er ist anonymer, weil man die Stimme nicht dafür preisgeben muss.“
Gleichzeitig braucht diese lautlose Form der Beratung nicht unbedingt ein Alleinsein in einem privaten Raum. Tippt jemand ins Handy, ist ja für eventuell Anwesende nicht erkennbar, was er oder sie schreibt.
Daneben hat Chatberatung auch methodische Vorteile: Die Klient:innen kommen sehr schnell zum eigentlichen Problem. Gleichzeitig haben sie es durch das Schreiben schon einmal selbst reflektiert. Da der Chat nachlesbar ist, kann man sich vorherige Inhalte wieder ansehen. Nicht geeignet ist Chatberatung für Menschen, die nicht schreiben können oder möchten.
Laut Lanzerstorfer-Holzner und Breitwieser gibt es eine relativ klare Altersverteilung: Bei bis zu 35-Jährigen dominiert die Chatberatung, darüber das Telefon. Das bedeutet auch, dass die Beratung per Chat-Austausch weiter zunehmen wird. Während die Telefonseelsorge rund um die Uhr erreichbar ist, steht die Chatberatung derzeit täglich von 16 bis 23 Uhr zur Verfügung.
In der Diskussion über künstliche Intelligenz stellt sich die Frage, ob diese auch „beraten“ kann. Nein, sagt Stefan Kühne. Empathie, Emotionen, Sympathie könne die künstliche Intelligenz nur imitieren. Wenn das Motto der Telefonseelsorge also „Hier hört ein Mensch“ ist, bedeutet das für die Chatberatung: „Hier liest und schreibt ein Mensch“ – und eben keine Maschine.
Telefonseelsorge-Nummer: 142, rund um die Uhr. Chatberatung: www.onlineberatung-telefonseelsorge.at, täglich von 16 bis 23 Uhr. Beides ist kostenlos und anonym.
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