Es gibt immer mehr, vor allem junge Menschen, die nicht mehr vom Internet loskommen, stellt Kurosch Yazdi von pro mente OÖ und Leiter der Ambulanz für Spielsucht fest.
Schon vor Corona habe man einen Anstieg von Fällen krankhafter Internetnutzung wahrgenommen, sagt Kurosch Yazdi. Die Coronapandemie habe diese Tendenz noch einmal verstärkt, sodass sich Anfragen von Eltern, die ihre Kinder nicht mehr „vom Computer oder Handy wegbekommen“, häuften.
Spiele das Kind wenige Stunden ein Onlinespiel, sei dies noch kein Problem, sagt Yazdi. Beeinträchtigt die exzessive Internetnutzung jedoch massiv das Alltagsleben oder macht es unmöglich, spricht man von einer Sucht: „Das Kind schläft kaum noch, geht nicht mehr zur Schule, vernachlässigt soziale Beziehungen.“ Es gäbe Fälle, wo Jugendliche 15 bis 20 Stunden am Tag im Internet hängen, berichtet der Experte.
Immer öfter werden neben der Internetsucht, die zu den Verhaltenssüchten gehört, auch Glücksspielsucht, Kaufsucht und Pornografiesucht diagnostiziert. Das Problem mit dem Internet sei, dass es andere Verhaltenssüchte begünstige, wie etwa die Kaufsucht: „Es ist sehr bequem, vom Computer aus zu shoppen, das Problem ist aber, dass man hier schnell den Überblick verliert, wie viel man kauft. Außerdem steigt die Gefahr, unnötige Dinge zu kaufen und schnell in einen Kaufrausch zu geraten“, sagt Yazdi.
„Die Anbieter der Onlinespiele integrieren immer öfter Glücksspielelemente in ihre Computerspiele, um einen Zusatzverdienst zu generieren. Dadurch verschwimmen die Grenzen wischen Online-Gaming und Glücksspiel mehr und mehr“, ergänzt Karlheinz Staudinger, Psychotherapeut in der Ambulanz für Spielsucht. Diese Art der Spiele könne dadurch für Jugendliche auch zur Schuldenfalle werden.
Für junge Menschen und aus unserem modernen Leben allgemein ist das Internet nicht mehr wegzudenken. Das macht die Behandlung von Internetsucht schwierig, aber nicht unmöglich, sagt Yazdi: „Man kann zu Jugendlichen nicht sagen, du darfst jetzt nie wieder das Internet nutzen. Stattdessen sollte geschaut werden, wie das Internet genutzt wird. Einem Alkoholiker verbietet man ja auch nicht, je wieder Flüssigkeit zu sich zu nehmen, er muss sich nur von jenen Flüssigkeiten fernhalten, die Alkohol enthalten.“
Eltern rät Psychotherapeut Staudinger – neben dem Aufsuchen einer Beratungsstelle wie der Ambulanz für Spielsucht von pro mente OÖ – mit ihren Kindern in Kontakt zu treten, auf Probleme in ihrem Umfeld zu achten und ein Stück weit zu versuchen, in die (Spiel-)Welt einzusteigen. So sei es leichter zu erkennen, was vielleicht hinter der Sucht steckt und was das Kind tatsächlich gerade braucht.«
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