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Die Motive sind ebenso vielfältig wie die Vorteile für Menschen und Gesellschaft.
„Senior:innen kommen aus den vielfältigsten Motiven zum Studieren an die Uni“, sagt Sabine Steinkellner, Projektleiterin der IMC Krems SeniorInnenUNI. „Viele konnten früher aus diversen Gründen nicht studieren und sind froh, das nun durch die SeniorInnenUNI machen zu können. Ein auch oft genanntes Motiv ist es, weiterhin Neues zu lernen oder auch eine sinnvolle Tätigkeit im Ruhestand ausführen zu können.“
Am meisten seien die Senior:innen in Krems an Vorlesungen aus dem Bereich Gesundheit interessiert. „Ich denke, dass im hohen Alter jede:r schon hier und da kleine Beschwerden hat und deswegen das Interesse an dem Thema so groß ist“, vermutet Steinkellner. Die Lehrenden berichten immer wieder, dass die Senior:innen viel interaktiver an den Vorlesungen teilnehmen und auch viel mehr Fragen stellen.
Zur Frage, warum es denn überhaupt eine Seniorenuni braucht, sagt Steinkellner: „Mit dem Angebot der SeniorInnenUNI wird der erhöhte Wissensbedarf der älteren Generation gedeckt und ein wertvoller Beitrag für die Region geleistet. Durch den Schwerpunkt der SeniorInnenUNI, der auf dem Wissensaufbau und der Kompetenzerweiterung für ein ehrenamtliches Engagement gelegt wird, sind sehr positive Auswirkungen auf Gemeinden, Organisationen oder auch Vereine zu verzeichnen.“
An der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt heißt das Weiterbildungsprogramm für Senior:innen, das es seit dem Jahr 2008 gibt, „Studium liberale“. Die Uni arbeitet dabei mit mehreren Kärntner Bildungseinrichtungen zusammen.
Sabine Maria Palfinger vom Lehrgangsbüro fasst das Bildungsangebot als „offenes Studium für an Wissenschaft Interessierte“ zusammen. „Es gibt zwar ein Curriculum, aber unsere Student:innen können frei studieren und haben keinen Prüfungsdruck.“ Zwar seien die meisten Studierenden an der Seniorenuni tatsächlich Senior:innen, es gebe aber auch junge Mütter oder Lehrlinge. Zu den beliebtesten Fächern gehören Geschichte und Psychologie, aber auch Sprachen wie Italienisch, Französisch oder Kroatisch.
In Klagenfurt sitzt die ältere Generation inmitten der „normalen“, jungen Studierenden. „Am Anfang mag es vielleicht Barrieren geben“, sagt Palfinger, „doch schon bald duzen sich alle und für die Senioren ist der Austausch mit den jüngeren Studierenden ein Jungbrunnen. Es entstehen oft auch Freundschaften.“
Ein offizielles Seniorenstudium gibt es auf der Universität Innsbruck zwar nicht, trotzdem erreichen die zentrale Studienberatung immer wieder Anfragen dazu. Vizerektorin Janette Walde betont, dass das „Studienangebot im Sinne des freien Hochschulzugangs grundsätzlich allen Personen offensteht. Wichtig ist, dass sie die Voraussetzungen erfüllen.“
Davon abgesehen wollten nicht alle als Seniorstudent:in angesehen werden, sagt Walde. „Vielen ist es wichtig, genauso zu studieren wie die ‚Jungen‘ und nicht anders behandelt zu werden. Hier gilt es Altersdiskriminierung zu vermeiden.“
Die Motive fürs Studieren seien vielfältig, sagt Walde: „Die einen haben studiert, konnten aber aus gewissen Gründen damals nicht ihr ‚Traumstudium‘ wählen, sondern mussten etwas ‚Vernünftiges‘ studieren; andere, häufig Frauen, hätten gerne studiert, doch war es ihnen zur damaligen Zeit nicht möglich. Andere wollen geistig aktiv bleiben.“
Die Uni 55-PLUS ist eine Einrichtung der Universität Salzburg, deren Kernbereich ca. 30 Lehrveranstaltungen pro Semester sind, die spezifisch für die Uni-55-PLUS-Studierenden konzipiert wurden. „Es ist uns auch ein großes Anliegen, unseren Studierenden ein Lehrangebot in einem intergenerativen Umfeld zu bieten. Jung und Alt besuchen gemeinsam Lehrveranstaltungen und kommen somit in einen Diskurs, der für beide Seiten bereichernd ist“, sagt Herta Windberger vom Büro Uni 55-PLUS.
Zu Beginn der Uni 55-PLUS vor mehr als zwölf Jahren sei es noch ein ungewohntes Bild gewesen, dass auf einmal ältere Studierende in den Hörsälen sitzen. Jetzt falle dies nicht mehr auf. „Die jungen Erwachsenen sind zum Teil sogar stolz auf ihre Eltern oder Großeltern, wenn diese (wieder) an die Universität gehen“, sagt Windberger. Ein Studium im höheren Alter zu absolvieren, besitzt neben persönlichen Benefits auch gesellschaftliche Relevanz.
Dazu Windberger: „Zum wiederholten Male wird nun in der Europäischen Agenda für die Erwachsenenbildung 2021–2030 die Bedeutung der Bildung im Alter herausgestellt. Darüber hinaus ist die Gesellschaft derzeit mit rasanten Umwälzungen im Bereich der Digitalisierung sowie der sozialen, gebauten und natürlichen Umwelt mit Bezug auf Ressourcenverknappung und Verlust der Biodiversität konfrontiert. Diese gesellschaftspolitischen Herausforderungen sind ohne die Teilhabe von Menschen höheren Alters im Sinne einer generationenübergreifenden Anstrengung nicht zu bewältigen.“
IMC Krems SeniorInnenUNI:
Klagenfurt, Studium liberale: www.aau.at/universitaetslehrgaenge/seniorstudium-liberale
Universität Innsbruck:
www.uibk.ac.at
Universität Salzburg:
www.plus.ac.at/uni-55plus
Universität Wien:
www.postgraduatecenter.at
Allgemeine Infos:
www.seniorenstudium.at
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