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Eine Schwangerschaft ist in Krisenzeiten wie aktuell der Coronapandemie eine besondere Herausforderung. Zur Vorfreude auf das Kind mischen sich die Angst vor Ansteckung, finanzielle Sorgen und emotionale Belastungen. „Wir beraten sowohl auf psychischer wie materieller Ebene“, sagt Christine Loidl, Schwangeren-Beraterin bei Aktion Leben Österreich. Viele Fragen drehen sich unter anderem um die Arbeitssituation. „Einige unserer Klientinnen und auch deren Partner arbeiten in Berufen, die besonders von der Coronakrise betroffen sind, wie Gastronomie oder Fremdenverkehr“, sagt Loidl. „Aktion Leben hilft auch bei finanziellen Engpässen und informiert über bestehende Ansprüche.“ Neben sozial- und arbeitsrechtlichen Fragen drehen sich viele Sorgen um die Geburt selbst. „Die werdenden Mütter und ihre Partner werden im Krankenhaus oft vor vollendete Tatsachen gestellt, was die Organisation betrifft. Die Männer dürfen teilweise nicht dabei sein oder das Kind später nicht besuchen. Unklar ist häufig auch, wie die Betreuung durch die Hebammen abläuft, und so weiter“, sagt Loidl. Sie rät den werdenden Eltern, sich so gut wie möglich im Vorfeld zu informieren, was wo gültig ist.
Behördliche Vorgaben seien nicht zu ändern, aber man könne sich mit ihnen arrangieren und nach Kompromissen suchen. „Statt einer Spitalsgeburt kann man zum Beispiel eine ambulante Geburt andenken. Bei Arztbesuchen in der Schwangerschaft könnte der Vater ein Video vom Ultraschall seines Babys bekommen oder zumindest gleich über Neuigkeiten informiert werden, wenn er vor der Praxis wartet“, schlägt Loidl vor. Gerade wenn etwa bei der Pränataldiagnostik Auffälligkeiten auftauchen, sei die Anwesenheit beider Partner sinnvoll. „Alles alleine erfragen und (er)tragen zu müssen, kann einen zusätzlich in eine Krise stürzen“, meint Loidl.
Selbiges gilt auch für ungewollte Schwangerschaften, wenn die angehende Mutter im ersten Moment mit der Situation überfordert ist. „Hier versuchen wir, die Frauen zu beruhigen und ihnen Optionen aufzuzeigen, ohne sie in eine Richtung zu drängen. Das Kind kann zum Beispiel in eine Pflegefamilie kommen oder zur Adoption freigegeben werden. Entscheidet sich die Klientin, das Kind zu behalten, kann sie sich zum Beispiel Unterstützung von den Frühe-Hilfen-Netzwerken holen“, beschreibt Loidl. „Wichtig ist, dass die Frauen wissen: Sie sind nicht allein.“
Für Familien bedeuteten die strengen Ausgangsbeschränkungen im Frühjahr eine enorme Belastung. „Meiner Meinung nach war der Lockdown zu lang und zu stark – sowohl für die Eltern als auch die Kinder“, urteilt Loidl. Doch ob nun die Ausgangsbeschränkungen zurückkehren oder die Coronakrise bald vorüber sein wird – Ziel der Beratungen sei es auf jeden Fall, Netze für die Betroffenen zu schaffen. Loidl: „Wenn jemand verzweifelt ist und nicht mehr weiter weiß: Wir sind da.“
- Aktion Leben Österreich: www.aktionleben.at, +43 (0) 1 512 52 21
- Frühe Hilfen: www.fruehehilfen.at, +43 (0) 1 51 56 10
- Bundesministerium für Arbeit, Familie und Jugend:
www.familienberatung.gv.at, +43 (0) 1 53 11 50
- ZOE: www.zoe.at, 0732 77 83 00
- Sozialratgeber OÖ: abrufbar unter www.sozialplattform.at
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