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Diverse Teilorganisationen aus Kirche, Gewerkschaft und Zivilgesellschaft engagieren sich dafür, dass die gesetzliche Verankerung des arbeitsfreien Sonntags bestehen bleibt. Auch in Österreich gilt der Sonntag nicht für alle Menschen als (erwerbs)arbeitsfreier Tag. In etlichen Tätigkeitsfeldern – wie der Grundversorgung, der Pflege, der Gastronomie, der Industrie, dem öffentlichen Verkehr, dem religiösen Leben oder dem Freizeitbereich – arbeiten viele Menschen, nicht zuletzt, um einigen anderen einen angenehmen Sonntag bereiten zu können oder einfach, damit sich „unsere Welt“ wie gewohnt weiterdreht.
Auch ich habe diesen „freien“ Tag nicht immer als solchen wahrgenommen und genossen. Während meines Studiums kam es nicht selten vor, dass der Sonntag als beinahe alltäglicher Lerntag herhalten musste. Später verlangte es die Arbeit in der Pastoral, sonntags meiner beruflichen Tätigkeit nachzugehen. In den letzten Jahren wurde mir der Sonntag als Tag der Unterbrechung wieder zunehmend bedeutsamer: Bewusst aus dem Alltagstrott auszusteigen und sich für das Zeit zu nehmen, was unter der Woche oft zur Nebensache wird, rückte für mich in den Vordergrund. Heute genieße ich es und schaue bewusst darauf, weil ich weiß, dass es mir gut tut: Denn Sonntag heißt für mich Beziehungstag.
Beziehungstag ist der Sonntag dabei in mehrerer Hinsicht: In diesem Sinn steht der Tag für die Beziehung zu mir selbst, für die Beziehung zu anderen, meiner Um- und Mitwelt, und er steht für die Beziehung zu Gott. Nicht selten gehen diese drei Dimension ineinander über und ineinander auf. So bleibt der berufliche „Posteingang“ geschlossen, sodass ich mir bewusst Zeit nehme … für Familie und Freunde, für ein ausgedehntes Frühstück, für eine genussvolle Laufrunde, für eine stärkende Ruhephase, für meine Lebensfreuden, nach Herzenslust und -laune zu singen, zu lesen, für das bewusste Anzünden einer Kerze, nachzudenken, zur Ruhe zu kommen – besonders beim Gottesdienst.
Und wenn, aus welchen Gründen auch immer, ein Sonntag nicht der Beziehungstag sein kann, so geht mir im Alltag etwas ab. Spätestens die Fastenzeit erinnert mich dann wieder daran – frei nach Bernhard von Clairvaux – darauf zu achten: Gönn dich doch dir selbst und gönn dir (d)einen Beziehungstag!
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