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ie landläufige Verwendungsweise des Camus-Zitats ist aber unterschiedlich und reicht von der Aufforderung, der Realität des Lebens ob seiner Herausforderungen ins Auge zu blicken, bis hin zu dem Anspruch, jemandem in Zeiten schwieriger Lebensphasen Mut zuzusprechen.
Allem voran schwingt in den Worten des Philosophen die Aussage mit, dass sowohl die heiteren Hoch-Zeiten als auch die kleineren und größeren, lebenswendenden Krisen das Leben prägen. Jeder Mensch erlebt krisenhafte Situationen und versucht auf seine Weise, damit umzugehen, um diese zu bewältigen. Genauso ist der Umgang mit einer gesellschaftsverändernden Krise, wie sie uns gerade alle betrifft, individuell verschieden.
Der Religionsmonitor – eine Untersuchung der Bertelsmannstiftung – hat sich den Bewältigungsstrategien von Menschen während der Corona-Krise gewidmet. Ein Ergebnis der Studie zeigt, dass sich zumindest zeitweise persönliche Werte verschoben haben. Dies ging auch damit einher, dass mit dem Beginn der Krise die Bedeutung des Glaubens und einer sinnstiftenden Spiritualität entscheidend zugenommen hat. Kaum verwunderlich, denn religiöse Rituale und spirituelle Sinndimensionen können in Krisenzeiten Halt und Stabilität geben.
In dieser Art erweisen sich Glaube und Spiritualität in belastenden Situationen als hilfreich und können zu Kraftreserven in Krisenzeiten werden – vor allem dann, wenn sie von innen kommen und mit dem Leben verbunden sind. So können Religion und Spiritualität Ressourcen im Leben eines Menschen sein: nicht allein schneller Energielieferant für zwischendurch, sondern als „Lebensquellen, aus denen wir schöpfen“ (Rüdiger Lorenz). Ganz nah an diesen Quellen scheint das Leben dann vielleicht doch plötzlich leicht und unbeschwert zu sein – anders als Albert Camus meinte – zumindest ab und an mal. Mir scheint jedenfalls, dass in Krisen und beschwerten Lebensphasen beides wichtig ist: Der seelische Müsliriegel, der mir rasche Energie gibt, und die Quelle, aus der ich meine Lebendigkeit schöpfe. Daran sollten wir uns eigentlich öfter erinnern.
Was sind also Ihre Lebensquellen, aus denen Sie schöpfen?
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