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Eltern kennen den einen speziellen Raum, der immer eine Herausforderung ist: das Kinderzimmer. Wie alle Zimmer spiegelt auch dieses die Persönlichkeit seiner Bewohner wider. Gerade nach den letzten Corona-Monaten erzählen die Zimmer von dieser Zeit im Lockdown. Schon beim Betreten stolpert man über alle möglichen Bauwerke und Gebilde, Zeitzeugen einer Extremsituation, die auf keinen Fall entfernt werden dürfen. Da Kinder selten freiwillig aufräumen, liegt dies meist bei den Erwachsenen. Doch schlussendlich ist es auch bei ihnen ein eher sinnloses Unterfangen. Während sie sich nach dem Aufräumen noch über das wieder erkennbare Potenzial des Raumes freuen, schlüpft sein Bewohner oder seine Bewohnerin schon durch die Tür und nimmt den Raum aufs Neue für sich ein.
Vergleichen wir ein Kinderzimmer einmal mit einer Galerie: In beiden gibt es Kunstwerke, die nicht von allen in gleicher Weise verstanden und interpretiert werden. So kann es passieren, dass Eltern ein Bauwerk, das instabil wirkt und in ihren Augen keine Bedeutung hat, wegräumen. Eine Zeichnung mit undefinierbaren Mustern wird zum Altpapier gegeben. Später werden sie aber von einem aufgebrachten Kind darauf hingewiesen, dass sie soeben das nächste Raumschiff zum Mond zerstört haben. Oder dass es eben dieses Bild war, das sie am allerliebsten mochten. Schon Pablo Picasso sagte „Jedes Kind ist ein Künstler.“ Und für Kinder ist eben ihr Zimmer ihr Künstleratelier, in dem sie sich austoben.
Aufgrund dieser Erfahrungen und erzieherischer Notwendigkeit beschließen Eltern öfter, gemeinsam mit dem Kind aufzuräumen. Sich dabei von Dingen zu trennen, ist nicht einfach, aber notwendig. Kinderzimmer sind Räume, die von wahren Künstlern bewohnt und gestaltet werden. Es ist und bleibt die Aufgabe der Eltern, mit ihren Kindern auszuhandeln, wann ein Kunstwerk weggeräumt oder aussortiert werden darf. Das Verhandeln mit dem Kind ist dabei wichtiges Signal und Lernfeld zugleich. Dadurch zeigen die Eltern, dass sie sich aktiv mit der Lebenswelt der Kinder beschäftigen – ihre Taten und Werke ernst nehmen. Diese gelebte Wertschätzung ist für die Kinder mindestens genauso viel wert wie ihre Kunstwerke. Es sollten immer wieder Lösungswege besprochen werden, wie eine Grundreinigung im Zimmer machbar ist. Danach beschlagnahmen die Kinder mit Begeisterung den neu gewonnenen Platz für ihre schier unerschöpfliche Kreativität.
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