REZEPT_
Wenn nicht, dann wäre vielleicht der kommende Feiertag Allerheiligen eine gute Möglichkeit dazu. Mein eigener Namenstag ist die längste Zeit im Trubel des 24. Dezembers untergegangen. Meine Mutter hat mir jedoch früh erzählt, dass meine Namenspatronin als die „Mutter alles Lebendigen“ bezeichnet wird. Zufrieden trug ich schon damals diesen Namen, auch wenn ich von anderen Seiten zu hören bekam, dass Eva ja eigentlich gar keine Heilige sei.
Nur, wer sind diese Heiligen und welche Bedeutung kommt ihnen zu? Heutzutage folgen junge Leute doch Influencer/innen, Blogger/innen – Personen, die sich und ihren Lebensstil in sozialen Netzwerken präsentieren. Wer würde im 21. Jahrhundert einer/m Heiligen folgen? Da dann doch eher dieser Eva, die „gar nicht so heilig“ ist?
So unähnlich sind sich diese Phänomene gar nicht. Denn ähnlich wie heutige Influencer/innen, waren und sind Heilige Vorbilder. Sie bieten Menschen Orientierungshilfe und werden ihnen zu (Lebens-)Lehrer/innen. Auch die ausgewählte Art der Darstellung scheinen Heilige und deren Verehrung mit YouTube- oder Instagram-Inszenierungen gemeinsam zu haben. Das kann auch junge Leute heute überfordern, wenn sie dem glänzenden, perfekt inszenierten und makellosen Bild ihres Vorbildes auf diversen Internet-Kanälen folgen: Ein Phänomen, das auch früheren Generationen bekannt gewesen sein wird. Denn auch die Heiligenverehrung ist bestimmt durch das Aufblicken zu diesen Größen des Glaubens. Was dabei aber oft in das Blickfeld gerät, sind die eigenen Unzulänglichkeiten.
Erst durch einen realistischen Blick kann die wirklich lebensdienliche Einsicht gelingen, dass auch Heilige Phasen des Zweifelns kannten, vermeintliche Irr- und Umwege gingen und auf der steten Suche nach Gott waren.
Egal, ob nun Heilige, Influencer/innen oder andere Lebensvorbilder – heilsam und hilfreich können sie nur dann sein, wenn sie trotz allem Glanz noch als Menschen erkennbar bleiben und wir sie nicht so hoch über uns stellen. Schließlich kann sich damit auch für uns die Perspektive eröffnen, dass wir selbst auf diesem Boden stehen und berufen sind, heilig zu sein – selbst mit dem, was gar nicht so heilig scheint.
REZEPT_
Jetzt die KIRCHENZEITUNG 4 Wochen lang kostenlos kennen lernen. Abo endet automatisch. >>