Wort zum Sonntag
Iran hat in der Nacht auf Sonntag rund 300 ballistischer Raketen und Drohnen auf Israel abgefeuert. Sie seien zu 99 Prozent von Israel, den USA, Großbritannien und Jordanien abgefangen worden, teilweise bereits über Syrien und Jordanien, melden israelische Medien. Israel kündigte entschiedene Vergeltung an.
Im ganzen Land heulten Sirenen, gegen 1.45 Uhr (Ortszeit) gab es auch in Jerusalem Alarm. Der Rektor des dortigen Österreichischen Hospizes, Markus Bugnyar, berichtete am Sonntagmorgen auf der Plattform X von einer "schlaflosen Nacht". Eine Fürbitte für die Sonntags-Gottesdienste laute "Dass die Mächtigen einlenken und das Wohl ihrer eigenen Zivilbevölkerung in den Mittelpunkt stellen", so Bugnyar, mit dem Nachsatz: "Honestly: da haben hier einige deutlich mehr Nachholbedarf als andere."
Medienangaben zufolge waren über dem Himmel Jerusalems Leuchtstreifen zu sehen und lauter Explosionsknall vom Abfangsystem Iron-Dome zu hören. Die einzige Meldung von Verletzten kam bislang aus der südisraelischen Stadt Arad, wo ein zehnjähriges Beduinenkind durch Splitter verletzt worden sein soll. Außerdem soll ein Militärstützpunkt im Süden des Landes leicht beschädigt worden sein.
In den früheren Morgenstunden verschickte Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu eine Nachricht über die Plattform X: "Wir haben abgefangen. Wir haben blockiert. Gemeinsam werden wir gewinnen."
Bereits am Samstagabend hatte das israelische Militär ab 23 Uhr die Notfallrichtlinien verschärft. Danach wurden bis Montagabend alle Bildungsaktivitäten und Schulveranstaltungen sowie alle größeren Menschenansammlungen verboten.
Nach dem israelischen Angriff am 1. April auf ein Konsulargebäude neben der iranischen Botschaft in Damaskus hatte Irans Oberster Führer, Ayatollah Ali Khamenei, Vergeltung angekündigt. Bei dem Angriff waren ein hochrangiger Offizier der Islamischen Revolutionsgarden, Mohammed Reza Zahedi, sein Stellvertreter und weitere Militärs getötet worden. Mitte der Woche hatte Israel nun seine Luftverteidigung verstärkt und Reservisten einberufen.
US-Präsident Joe Biden hatte zuletzt von einem bevorstehenden Angriff des Iran direkt auf Israel gesprochen und dem Land seine volle Unterstützung für einen solchen Fall zusagt. Zudem hatte er den Iran vor einer Eskalation in der Region gewarnt.
Weltweit gab es am Sonntag scharfe Kritik am Iran. Bundeskanzler Karl Nehammer verurteilte auf X den Angriff auf Israel "auf das Allerschärfste". Österreich stehe an der Seite Israels, so Nehammer: "Wir fordern den Iran auf, jedwede Feindseligkeit sofort zu stoppen."
Auch Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka und Außenminister Alexander Schallenberg (beide ÖVP) zeigten sich über die Angriffe des Iran auf Israel sehr beunruhigt und warnten vor einer weiteren Eskalation.
UNO-Generalsekretär Antonio Guterres erklärte, er sehe nach dem Angriff des Iran auf Israel das Risiko einer katastrophalen Zuspitzung der Lage im Nahen Osten. "Ich bin zutiefst beunruhigt über die sehr reale Gefahr einer verheerenden Eskalation in der gesamten Region. Ich fordere alle Parteien auf, größtmögliche Zurückhaltung zu üben, um Maßnahmen zu vermeiden, die zu größeren militärischen Konfrontationen an mehreren Fronten im Nahen Osten führen könnten", teilte Guterres am Samstag (Ortszeit) in New York mit. Er verurteilte den Angriff des Iran "aufs Schärfste" und forderte eine sofortige Einstellung der Feindseligkeiten.
Eine "dramatische Eskalation der ohnehin furchtbaren Situation im Nahen Osten" sieht der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing. Der Angriff des Iran auf Israel sei "ein Spiel mit dem Feuer, das nachdrücklich verurteilt werden muss", erklärte der Limburger Bischof am Sonntag.
Nun müsse alles dafür getan werden, dass der Nahe Osten "nicht in einen regionalen Krieg mit unabschätzbaren Folgen" gerate, mahnte Bätzing: "Dies wäre eine Katastrophe für diese Weltgegend und eine dramatische Gefährdung des Weltfriedens." Er appellierte an alle Verantwortlichen, auch in Israel, eine "Eskalationsdynamik" zu vermeiden. Der Bischof rief zudem zum Gebet für alle Opfer auf, die im Heiligen Land bereits zu beklagen seien.
Mit aller Schärfe hat der Präsident der Israelitischen Religionsgesellschaft (IRG) und IKG Wien, Oskar Deutsch, den "Drohnen- und Raketenterror" auf Israel in der Nacht auf Sonntag verurteilt. Zugleich begrüßte er in einer Aussendung vom Sonntag die von der Bundesregierung geäußerte Verurteilung der Angriffe auf Zivilisten. Letzteres sei "eine wichtige Geste aller demokratischer Staaten und insbesondere Österreichs", erklärte er. Sofortige Sanktionen seien "das gelindeste Mittel, um weitere Anschläge des Mullah-Regimes zu unterbinden und daher dringend notwendig".
Nicht nur Israel, sondern auch Europa "war und ist Ziel der islamistischen Bedrohungen Teherans", so Deutsch weiter. Das iranische Regime plane bereits seit über 40 Jahren die Vernichtung Israel, zudem bedrohe es den Nahen Osten ebenso wie die gesamte demokratische und freie Welt militärisch und mit Terror, wobei der Angriff von der Nacht auf Sonntag nur der jüngste Ausdruck dieser Politik gewesen seien. Die israelische Armee und verbündete Staaten wie Jordanien und die USA hätten im Lichte dieser Bedrohung dafür gesorgt, "dass Christen, Muslime und Juden gleichermaßen vom Bombenhagel aus Teheran verschont blieben".
Es sei Pflicht jedes den Menschenrechten verpflichteten Menschen und jeder Religion, gegen Angriffe auf die Zivilbevölkerung - wie der Einschlag eines iranischen Flugkörpers im Süden Israels und die Verletzung eines zehnjährigen Mädchens einer gewesen sei - vorzugehen, so der IRG-Präsident.
Das Mullah-Regime im Iran sei eine Bedrohung auch für die eigene Zivilbevölkerung wie Frauen, ethnische und religiöse Minderheiten, die sich wiederholt gegen die Machthaber in ihrem Land gestellt hätten und dafür "brutalst verfolgt" würden, schrieb Deutsch. In aller Welt würden jüdische Gemeinden seien und Oppositionelle verfolgt, hätten Anschläge gegen Touristen in Bulgarien oder gegen das jüdische Gemeindezentrum in Buenos Aires gezeigt. Auch in Wien stationierte iranische Diplomaten hätten sich an Attentatsplanungen gegen Kurden in Frankreich und Belgien beteiligt.
Deutsch forderte im Lichte solcher Entwicklungen sowie durch die anhaltende nukleare Bedrohung durch den Iran eine "eindeutige Kurskorrektur" der Staatengemeinschaft" und harte Sanktionen seitens Österreich und auch der EU. Andernfalls würden Extremisten immer das Appeasement von Demokraten ausnutzen um ihre Politik weiter voranzutreiben.
Betreffend der Sicherheitslage der Juden in Österreich schrieb Deutsch, die IRG befinde sich in engem Austausch mit den Sicherheitsbehörden. Das Schutzaufkommen sei "unverändert hoch, sowohl durch sichtbare als auch nicht sichtbare Maßnahmen".
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