Wort zum Sonntag
Seit Jahrhunderten leben indigene Völker wie die Madihadeni in den Urwäldern Amazoniens. Durch die immer stärker voranschreitende Zerstörung des Regenwaldes ist ihre Lebensgrundlage zunehmend in Gefahr.
Der Indigenenrat der brasilianischen Bischofskonferenz (CIMI), Projektpartner der Dreikönigsaktion, hilft den indigenen Völkern ihr Recht auf Land zu verteidigen und ermöglicht ihnen wirtschaftliche Eigenversorgung, medizinische Betreuung und kulturell angepasste Bildung.
Mäanderförmig schlängeln sich die vielen Nebenflüsse des Amazonas durch das üppige Grün des brasilianischen Regenwaldes. Jussara Góes ist mit dem Boot am Rio Cuniuá unterwegs. Mehrmals im Jahr besucht sie die Madihadeni, die in Dörfern entlang des Flusses leben und die zu den mehr als 300 indigenen Völkern Amazoniens zählen.
Acht Wochen wird Jussara Góes in der Gegend bleiben. Ihre Aufgabe ist keine leichte. Als Mitarbeiterin im Team des Indigenenrats der brasilianischen Bischofskonferenz (CIMI) begleitet und unterstützt sie Menschen im Regenwald, deren Lebensgrundlage seit Jahrzehnten bedroht ist und deren Rechte missachtet werden.
Die indigenen Völker leiden unter der massiven Abholzung der Wälder – für Möbel aus Teak und Mahagoni. Sie leiden unter den Brandrodungen – für den Anbau von Soja als Futtermittel und Mais zur Gewinnung von Biosprit sowie für Viehweideflächen zum Export von Rindfleisch. Darüber hinaus müssen Wälder und Menschen weichen wegen Staudammprojekten, Bohrungen nach Rohstoffen wie Öl und dem Abbau von Gold und Bauxit.
Es ist die Gier nach Profit, die Großgrundbesitzer, Banker und Konzerne – auch aus Europa – antreibt, den Regenwald rücksichtslos auszubeuten, illegal in die angestammten Gebiete der Menschen einzudringen und sie oft auch mit brutaler Gewalt von ihrem Land zu vertreiben. Begünstigt wird dieses skrupellose Vorgehen von der brasilianischen Regierung unter Präsident Jair Bolsonaro. Sie „unterbindet eine Politik, die die Umwelt bewahrt und verfolgt das Ziel, den Weg für die ungezügelte Ausbeutung der natürlichen Ressourcen zu öffnen, was einen Völkermord an den Indigenen, die die Wälder schützen wollen, zur Folge hat“, sagt Jussara Góes.
Im ersten von neun Dörfern angekommen, wird die CIMI-Mitarbeiterin herzlich begrüßt. Einige Frauen sind dabei, die Wurzelknolle Maniok zu Mehl zu verarbeiten. Was die Menschen hier zum Leben brauchen, bietet großteils der Wald. Sie betreiben traditionellen Feld- und Obstbau und es gibt eine Fülle an Lebensmitteln und Früchten wie Bananen und Ananas.
Dazu kommt, dass sie Paranüsse anbauen, Honig herstellen, „jagen, fischen und ihre traditionellen Feste abhalten“, erzählt Jussara Góes. Durch den Verkauf von geflochtenen Körben, Honig und dem Copaiba-Öl, das sie aus dem gleichnamigen Baum gewinnen und das u. a. für medizinische Zwecke verwendet wird, können sie andere Produkte auf Märkten außerhalb ihrer Dörfer besorgen. So sind sie wirtschaftlich unabhängig.
Seit vielen Jahren arbeiten die Teams von CIMI mit indigenen Völkern zusammen. „Ziel ist es, sie über ihre Rechte aufzuklären, die ihnen durch die brasilianische Bundesverfassung zuerkannt werden. Viele Indigene wissen nicht, dass sie das Recht auf abgegrenztes Land haben, das Recht auf eine spezifische und differenzierte Bildung, das Recht auf Respekt ihrer Kultur, Sprache und Bräuche“, sagt Jussara Góes, Projektpartnerin der Dreikönigsaktion.
Konkret werden in den Dörfern politisch-juristische Workshops für Indigene durchgeführt, „damit sie über ausreichende Werkzeuge verfügen, um die Achtung und vor allem die Erfüllung ihrer Rechte vom brasilianischen Staat einzufordern. Wir setzen uns auch für die Stärkung der Kultur und des traditionellen Wissens der Ureinwohner ein. Dazu zählen Pflanzen zur Herstellung medizinischer Rezepturen oder Lieder, Mythen und Erzählungen. Und wir helfen beim Aufbau zweisprachiger Bildungsangebote, um die indigenen Sprachen zu erhalten.“
Was die Corona-Pandemie betrifft, so hat das Virus auch das Volk der Madihadeni erreicht. Doch es gab bisher laut Jussara Góes unter ihnen keine Todesfälle und alle Infizierten erholten sich wieder. „Durch die Pandemie waren die Indigenen für einige Monate in ihren Dörfern isoliert und mussten auf manche Produkte und industriell verarbeitete Lebensmittel verzichten, die bereits Teil ihrer Ernährung sind. Mit der Unterstützung von Organisationen wie der Dreikönigsaktion konnten wir jedoch Lebensmittelkörbe bereitstellen, um sie für eine gewisse Zeit in ihrem Gebiet zu versorgen“, berichtet die CIMI-Mitarbeiterin.
Viele Indigene sind bereits geimpft, doch wegen der Verbreitung von Fake News, die leugnen, dass es die Pandemie gibt, hatten einige unter den Madihadeni Angst und ließen sich nicht impfen, so Jussara Góes. „Aufgrund der Verweigerung des Impfstoffs und der Tatsache, dass viele Indigene mit Städten in Kontakt sind, ist das Risiko, dass sich die Madihadeni infizieren und das Virus zurück in ihre Dörfer bringen, hoch.“
Als Wächter Amazoniens verteidigen die indigenen Völker das Land gegen Zerstörung, denn seit Jahrhunderten leben sie hier mit und vom Regenwald. Ihre Haltung gegenüber der Schöpfung ist geprägt von respektvollem Umgang mit Mensch und Natur. Je mehr Wunden dem Regenwald zugefügt werden, desto bedrohter ist nicht nur das Überleben dieser Völker, sondern die tiefen Furchen tragen auch zur Beschleunigung der Klimakrise und ihren dramatischen Folgen bei. Betroffen davon sind die Menschen weltweit. Deshalb braucht es einen Bewusstseinswandel, ist Jussara Góes überzeugt. „Ich glaube, dass wir gesünder, nachhaltiger und harmonischer miteinander und mit der Umwelt leben würden, wenn wir alle, auch die Menschen in den reichen Industrieländern, beginnen, die Wälder und die gesamte Natur so zu betrachten, wie die indigenen Völker es tun.“ Nach ein paar Tagen wird es Zeit für Jussara Góes. Sie steigt in ihr Boot und macht sich auf zum nächsten Indigenen-Dorf. «
Zur Sache
Caspar, Melchior und Balthasar starten am 27. Dezember 2021 (bis 9. Jänner 2022) wieder ihre solidarische Tour der Nächstenliebe.
Das Besondere an der Sternsingeraktion ist, dass Kinder und Jugendliche das Fundament der größten entwicklungspolitischen Spendenaktion Österreichs bilden.
Mit dem Sternsinger-Hygienekonzept (laut aktueller Verordnung) ist dabei die Gesundheit aller Besuchten und Beteiligten bestmöglich gesichert. Die positive Resonanz im vergangenen Jahr hat gezeigt, wie wichtig es den besuchten Leuten ist, dass die Heiligen Drei Könige/innen den weihnachtlichen Segen für das neue Jahr bringen.
Die Friedensbotschaft reicht aber auch weit in die Welt hinein: 500 Sternsingerprojekte in Afrika, Asien und Lateinamerika unterstützen notleidende Menschen, deren Armut sich durch die Pandemie drastisch verschlimmert hat.
Inhaltlicher Schwerpunkt der Aktion 2022 ist die Unterstützung indigener Völker im brasilianischen Amazonasgebiet, die mit ihrer Lebensweise den Regenwald gegen Ausbeutung und Zerstörung verteidigen. Dabei geht es um rechtliche Absicherung ihrer Territorien, medizinische Betreuung und Bildung. Den Regenwald als „grüne Lunge der Erde“ zu erhalten ist zugleich Schutz unseres Weltklimas.
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