Wort zum Sonntag
Im Vatikan wird knapp vier Wochen lang (2.–27. Oktober) die Generalversammlung der Bischofssynode tagen und über eine grundlegende Reform der katholischen Kirche debattieren. Ein Ziel ist, dass gemeinsames Beraten künftig die Kleriker-Macht ersetzen soll.
Insgesamt werden 368 Synodale aus aller Welt – Männer und Frauen – beraten und abstimmen, 96 von ihnen sind keine Bischöfe, sondern Priester, Diakone, Ordensleute und Laienchristinnen und -christen. Dass auch Frauen mit Stimmrecht dabei sind, ist erstmalig in der Geschichte katholischer Bischofssynoden. Wie schon bei der ersten Session vor einem Jahr werden die Teilnehmer:innen in der vatikanischen Audienzhalle an runden Tischen sitzen, gleichberechtigt reden, einander zuhören und abstimmen. Nur Vorschläge, die eine Zweidrittelmehrheit erhalten, werden am Ende dem Papst zur Entscheidung vorgelegt.
Trotz dieser für katholische Verhältnisse fast schon revolutionären Rahmenbedingungen erwarten Beobachter zunächst keine sensationellen Entscheidungen bei bestimmten inhaltlich strittigen Fragen wie Zölibat oder Zulassung von Frauen zu kirchlichen Ämtern. Denn Papst Franziskus hat vorab entschieden, dass diese Fragen in ausgelagerten Arbeitsgruppen debattiert und zur Entscheidungsreife gebracht werden sollen.
Diese Arbeitsgruppen werden zu Beginn der Synode Zwischenberichte abgeben, die aber vermutlich nicht direkt in die Debatten und Beschlüsse der Synode einmünden werden. Vorschläge wie die Zulassung von Frauen zu den Weiheämtern hätten angesichts der Zusammensetzung der Synode vermutlich ohnehin keine Zweidrittelmehrheit erhalten.
So geht es bei der Weltsynode also insbesondere um eine neue Kultur der gemeinsamen Beratung und von Reformprozessen innerhalb der Kirche. Im Juli legten Papst und Synodensekretariat den dazugehörigen Vorbereitungstext als inhaltliche Richtschnur für die Beratungen vor. Das sogenannte Instrumentum laboris trägt den Titel „Wie wir eine missionarisch-synodale Kirche sein können“.
Obwohl einige „heiße Eisen“ ausgeklammert wurden, bleibt die von Papst Franziskus vorgegebene Aufgabe für die Synode spannend: Es geht darum, Wege zu einer „synodalen Kirche“ zu finden – und diese Wege auf allen Ebenen, vom Vatikan über die Diözesen bis hinunter in die einzelnen Gemeinden, zu verwirklichen. Dazu müssen, wie es im Instrumentum laboris heißt, klerikale und intransparente Beratungs- und Entscheidungswege überwunden werden.
An ihre Stelle sollen gemeinschaftliche Beratung, Transparenz und Rechenschaftspflicht treten. An diesen Haltungen und Tugenden mangelte es in der katholischen Kirche vielerorts oft – wodurch Machtmissbrauch, sexualisierte Gewalt und Vertuschung von Straftaten begünstigt wurden.
Kritisiert wird im Synoden-Arbeitspapier der „Klerikalismus, der auf der impliziten Annahme beruht, dass geweihte Amtsträger niemandem gegenüber für die Ausübung der ihnen verliehenen Autorität rechenschaftspflichtig seien“. Um das zu ändern, wird gefordert, dass für die Kirche „Rechenschaftspflicht und Transparenz im Mittelpunkt ihres Handelns stehen müssen, und zwar auf allen Ebenen“.
Ein weiteres zentrales Anliegen des Papstes für die Synode ist die Beteiligung des „Volkes Gottes“ am Leben der Kirche. Das gilt für Gottesdienste, aber auch für Entscheidungen über die Zukunft der Kirche. Das, was die Weltsynode im Großen vormacht – also die Mitwirkung der Laien –, soll auch im Kleinen, an der kirchlichen Basis umgesetzt werden.
Für die Katholiken im deutschsprachigen Raum, wo schon lange die Laien aktiv an der Gestaltung der Gottesdienste mitwirken und die Pfarrer in etlichen Fragen nicht mehr ohne Pfarrgemeinderäte oder Kirchenvorstände entscheiden können, ist dieser Teil nicht wirklich neu. Diese Synoden-Beobachter werden daher einen anderen wichtigen Aspekt der möglichen Struktur-Reform in den Blick nehmen: die Dezentralisierung der Kirche.
So wird im Arbeitspapier vorgeschlagen, „die nationalen Bischofskonferenzen als kirchliche Subjekte anzuerkennen, die mit lehrmäßiger Autorität ausgestattet sind“. Damit sollen sie die Möglichkeit haben, die „liturgischen, disziplinären, theologischen und spirituellen Ausdrucksformen zu fördern, die auf die verschiedenen soziokulturellen Kontexte abgestimmt sind“. Das bedeutet konkret: Die einzelnen Bischofskonferenzen sollen mehr Möglichkeit erhalten, mit der Kirche in ihrem Land eigene Wege zu gehen. Ob dies dann sogar Fragen wie den Zölibat oder die Zulassung von Frauen zu kirchlichen Ämtern beinhaltet, sagt der Text nicht ausdrücklich. Er führt lediglich aus, es solle die „von Papst Franziskus angemahnte und von vielen Bischofskonferenzen geforderte ‚heilsame Dezentralisierung‘ geben“.
Mit einer Reform der katholischen Weltkirche in Richtung mehr Dezentralisierung und Laien-Mitbestimmung geht Papst Franziskus – falls die Synode dies alles beschließt – auch manche Risiken ein. Schon heute sind innerhalb der Weltkirche die Unterschiede erheblich. Der Papst muss in seiner Person und in seinem Amt „den Laden zusammenhalten“. Diese Aufgabe wird nicht leichter, falls sich die Synode im Oktober tatsächlich für mehr Dezentralisierung und mehr Eigenständigkeit der einzelnen Bischofskonferenzen ausspricht.
Das sogenannte Instrumentum laboris dient als Ausgangspunkt für die Beratungen auf der zweiten finalen Etappe der Weltsynode, die derzeit im Vatikan stattfindet. Auf rund 30 Seiten und in fünf Abschnitte mit 112 Punkten gegliedert, enthält das Arbeitspapier im bisherigen Synodenprozess erarbeitete Hinweise und Vorschläge, wie sich die Kirche stärker in eine synodal-missionarische Richtung mit Beteiligung aller Getauften entwickeln kann. So soll es in der Kirchenhierarchie künftig mehr Mitbestimmung, Transparenz und Rechenschaftspflicht geben. Auch der Vatikan soll in Zukunft Rechenschaft vor den Ortskirchen ablegen.
Vorgeschlagen werden im Instrumentum laboris u. a. auch die Einführung neuer Ämter und Dienste in der Kirche, die nicht an eine Weihe gebunden sind. Eines davon soll sich dem „Zuhören und Begleiten“ von Menschen widmen, die sich von der Kirche verurteilt oder bedroht fühlen. Dieser Dienst solle je nach lokalen Umständen anders ausgestaltet werden.
Auf globaler Ebene wird zwischen den armen und reichen Diözesen eine Art solidarischer Finanzausgleich empfohlen.
Zudem regt das Papier die Schaffung einer dauerhaften Weltsynode an, die anders funktioniert als die von Papst Paul VI. im Jahr 1967 eingeführte Bischofssynode. An der neuen Synode solle „das gesamte Volk Gottes“ teilnehmen.
Während der nun laufenden Synodenversammlung wird aus den Beratungen heraus ein eigenes Schlusspapier zur Synode erarbeitet. Das Dokument soll planmäßig am 26. Oktober vor den stimmberechtigten Synoden-Mitgliedern verlesen und approbiert werden. Am Ende wird Papst Franziskus über das weitere Vorgehen entscheiden – üblicherweise zusammengefasst in einem sogenannten Nachsynodalen Schreiben.
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