Wort zum Sonntag
Am Grundkonflikt hat sich nichts geändert: Viganò beschuldigt Papst Franziskus weiterhin, schon 2013 von den Übergriffen des damaligen Kardinals McCarrick erfahren, aber angebliche Sanktionen Benedikts XVI. gegen McCarrick aufgehoben zu haben. Der Papst schweigt dazu. Am Montag sagte er in der Morgenmesse: „Mit Menschen, die keinen guten Willen haben, mit Menschen, die nur Skandal suchen, die nur Spaltung suchen, die nur Zerstörung suchen, auch in Familien, da braucht es Stille und Schweigen. Es braucht auch das Gebet.“
Zwischenzeitlich hatte sich ein Nebenschauplatz aufgetan: Es wird eine Aussage von Papst Franziskus kolportiert, Viganò habe 2015 ihn bei seinem US-Besuch ahnungslos in ein Treffen mit der Standesbeamtin Kim Davies hineingeritten, die sich geweigert hatte, homosexuelle Paare zu trauen. Nach außen war damals der Eindruck entstanden, der Papst würde das aus staatlicher Sicht illegale Handeln der Beamtin unterstützen. Viganò, der sich an sich zurückziehen wollte, meldete sich vergangenes Wochenende zu Wort und sagte, dem Papst sei sehr wohl bewusst gewesen, wen er getroffen habe.
Dieses an sich unbedeutende Detail zeigt einmal mehr, dass sich der aktuelle Konflikt vor dem Hintergrund ideologischer Kämpfe abspielt, die in der US-Kirche und auch in der US-Bischofskonferenz sichtbar sind – vor allem am Umgang mit dem Themen wie Abtreibung und Homosexualität. Zweifellos sind viele US-Katholiken konservativer als der Papst. Viganòs „Bericht“ spricht diese Menschen deshalb an, weil es darin um Personalpolitik und angebliche „homosexuelle Netzwerke“ geht.
Was die Veröffentlichung des Viganò-Textes betrifft, gibt es mittlerweile Hinweise, dass es sich hierbei um eine konzertierte Aktion gehandelt hat, die Papst Franziskus genau während der ohnehin schwierigen Irland-Reise treffen sollte: Viganò habe sich mit den Internetseiten, die seinen Text veröffentlichen, im Vorfeld genau über den Erscheinungstermin abgesprochen, berichtet der Journalist Aldo Maria Valli, der selbst zu den Papstkritikern gehört.
Viel wurde zuletzt über die Person von Carlo Maria Viganò geschrieben: Erfolgreich bei der Sanierung der Finanzen des Vatikanstaates wurde er noch unter Benedikt XVI. dort entfernt und als Nuntius nach Washington weggelobt. Später soll unter Franziskus dann vieles, was er begonnen hatte, umgesetzt worden sein. Er selbst soll dabei allerdings ohne Dank geblieben sein. So entstand in Berichten das Bild eines Mannes, der konservativen Strömungen nahesteht und aus Frustration heraus handelt. Viganò selbst dagegen behauptet, er handelte entsprechend seinem Gewissen. Was zutrifft, bleibt unklar. Viganò ist jedenfalls nicht ohne Hilfe von US-Bischöfen: Der Bischof von Madison, Robert C. Morlino, unterstützt ihn ebenso wie der Erzbischof von San Francisco, Salvatore J. Cordileone.
Die Führung der US-Bischofskonferenz, die sich mit dem Papst solidarisch erklärte, will vor allem Aufklärung: „Ohne diese Antworten werden unschuldige Männer von den Anklagen beschmutzt und die schuldigen können die Sünden der Vergangenheit wiederholen“, sagte Vorsitzener Kardinal Daniel DiNardo.
Solidaritätsbekundungen für Papst Franziskus kommen unter anderem von der EU-Bischofskonferenz: Man verurteile Versuche, „die Kirche Christi zu spalten“. Auch die Bischofskonferenzen von Spanien, Argentinien, Peru und Paraguay stellten sich demonstrativ hinter Papst Franziskus, genauso wie der Passauer Bischof Stefan Oster.
In Österreich rief Bischof Benno Elbs aus der Diözese Feldkirch dazu auf, Solidarität mit Papst Franziskus zu zeigen: Die Causa Viganò und dessen Rücktrittsforderung an Papst Franziskus seien der „traurige Höhepunkt einer Kampagne, die zum Ziel hat, Papst Franziskus und damit auch sein Eintreten für Christus und die Randgruppen der Gesellschaft in Misskredit zu bringen“, sagte Bischof Elbs.
Tatsächlich beginnt die Angelegenheit, sich auch negativ auf die Kirche außerhalb der USA auszuwirken: Der eigentliche Skandal, nämlich die Missbrauchsenthüllungen, gerät in den Hintergrund. Dabei fordern mehrere US-Bischöfe eine Sondersynode zu dem Thema. Der Erzbischof von Philadelphia, Charles Chaput, forderte, die für den Oktober geplante Bischofssynode zum Thema Jugend abzusagen. Augenblicklich hätten die Bischöfe „absolut keine Glaubwürdigkeit“ bei diesen Fragen.
Gebet für Papst Franziskus
In der Linzer Pfarrkirche Marcel Callo wird am 5. September um 19 Uhr für Papst Franziskus gebetet. „Papst Franziskus steht für eine offene Kirche aus der Kraft des Evangeliums. Daher finde ich es in besonderer Weise wichtig, dringend und notwendig, unsere Loyalität ihm gegenüber zu bekunden“, sagt dazu Pastoralassistentin Barbara Hannerer.
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