Wort zum Sonntag
Das Schlussdokument beinhaltet entsprechende Überlegungen. In seinem aktuellen Schreiben „Geliebtes Amazonien“ greift der Papst diese aber nicht auf. Er lehnt Weiheämter für Frauen, etwa als Diakoninnen, vorerst ab. Auch befürwortet er einstweilen keine Lockerung der Zölibatspflicht für katholische Priester. Nach Ansicht des deutschen Kardinals Reinhard Marx fordere Papst Franziskus in dem Schreiben allerdings auf, weiter über diese Themen zu diskutieren. Zugleich verwies Marx darauf, dass das Schlussdokument der Amazonien-Synode und das jetzt veröffentlichte Papstschreiben eine Einheit darstellten und zusammen betrachtet werden müssten. „Der Papst stellt klar: Das Gesamte ist die Frucht der Synode.“
Thomas Sternberg, Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, meint, der Papst setze den von ihm eingeschlagenen Weg konsequent fort und wende sich „in einer klaren, auch emotionalen Sprache wieder an das ganze Volk Gottes und alle Menschen guten Willens.“ Doch leider, so Sternberg, finde er „nicht den Mut dazu, in den seit 50 Jahren diskutierten Fragen der Weihe verheirateter Männer und der liturgischen Kompetenzen von Frauen, echte Reformen umzusetzen.“
In den Ortskirchen Lateinamerikas wird das postsynodale Papstschreiben als Bestärkung des Einsatzes der katholischen Kirche zum Schutz Amazoniens und seiner Bewohner gesehen. Der Präsident des Bischofsrates für Lateinamerika und die Karibik (CELAM), Miguel Cabrejos Vidarte, dankte Papst Franziskus für die Exhortation. Der Generalsekretär des kirchlichen Amazonas-Netzwerks Repam, Mauricio Lopez, sieht das Papstschreiben zur Amazonien-Synode als Bestätigung des bisherigen Weges. Obwohl der Papst keine konkreten Schritte zur Lockerung des priesterlichen Zölibats im Amazonasgebiet unternommen habe, sei er nicht enttäuscht, so Lopez. Er sehe vielmehr eine Einladung, weiterhin Wege einzurichten, die zu einem solchen Schritt führen könnten.
Von einer „Riesenenttäuschung“ sprach hingegen der an der Schweizer Universität Fribourg lehrende Moraltheologe Daniel Bogner. „Der Papst wiederholt lediglich die alte Lehre, nur ein männlicher Priester könne Christus repräsentieren. Frauen hingegen werden auf ihre bewundernswerte Hingabe und ihren leidenschaftlichen Glauben reduziert.“ Scharfe Kritik kommt auch von der Frauenbewegung „Maria 2.0“. Sie warf in einer Reaktion auf das Papstschreiben der katholischen Kirche vor, reformunfähig zu sein. Wer auf ein Symbol des Aufbruchs und der Erneuerung gehofft habe, „muss dieser Kirche wohl enttäuscht den Rücken kehren“, schrieb die Protestinitiative katholischer Frauen auf ihrer Facebook-Seite.
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