Wort zum Sonntag
Kakaoernte in Owusukrom: Die reifen gelb-, violett- und orangefarbenen Früchte werden per Hand geerntet und zunächst mit Macheten vom Baum geschnitten.
Bis vor kurzem war Kwabena hier für die nachfolgenden Arbeitsschritte eingeteilt: Der Neunjährige sammelte gemeinsam mit anderen Kindern, darunter seine drei Brüder, die Schoten in Säcke ein und schleppte sie an einen Platz zur Weiterverarbeitung.
Dort öffnete er mit einer Machete eine Schote nach der anderen und löste die von weißem Fruchtfleisch umgebenen Kakaobohnen per Hand heraus. Die Arbeit ist körperlich anstrengend und erfordert Geschick. Nicht selten führt der Umgang mit dem scharfen Messer zu Verletzungen. Gefährlich ist diese Tätigkeit auch deshalb, weil man ungeschützt mit Pestiziden in Berührung kommt.
Der Großteil der Menschen im kleinen Dorf Owusukrom in der Ashanti Region in Ghana, Westafrika, lebt vom Kakaoanbau. Hier, aber auch in anderen Teilen des Landes, das neben der Elfenbeinküste zu den weltweit größten Kakaoanbauländern zählt, ist es allerdings für die Kakaobäuerinnen und -bauern schwer möglich, ein existenzsicherndes Einkommen zu erwirtschaften.
Grund dafür sind einerseits die niedrigen Preise für den Kakao und andererseits die hohen Kosten für Arbeitskräfte und Pestizide. Deshalb ist Armut weit verbreitet. Um das Überleben in den Familien zu sichern, müssen auch Kinder unter ausbeuterischen Bedingungen auf den Kakaofarmen mitschuften, obwohl das verboten ist. In Westafrika sind rund 2,1 Millionen Kinder davon betroffen.
Kwabena erinnert sich an die mühselige Arbeit. „Das Einsammeln der Kakaofrüchte war so anstrengend, dass mir übel wurde. Und der Rücken hat mir jeden Tag schrecklich weh getan.“ Das wirkte sich natürlich negativ auf seinen Schulbesuch aus, zum Lernen war er oft zu müde.
Seine Mutter Doris ist Witwe und arbeitslos. Da sie kein eigenes Land für den Kakaonbau besitzt, helfen sie und ihre vier Kinder auf dem Hof ihrer Eltern mit. Doris braucht dringend einen Job, um ein selbstständiges Einkommen zu erwirtschaften und so auch für die Schulbeiträge und -uniformen ihrer vier Söhne aufkommen zu können.
Sr. Regina ist Kinderschutzbeauftragte der Caritas Ghana.
Hoffnung ist in Sicht, denn Doris wurde als Armutsbetroffene in das Förderprogramm von „Nature Aid Ghana“ aufgenommen. Gemeinsam mit anderen Frauen im Dorf ist sie nun dabei, in Workshops handwerkliche Fertigungen und einen nachhaltigen Umgang mit Geld zu erlernen.
Die Fördermaßnahmen von „Nature Aid Ghana“ werden in fünf Dörfern in der Ashanti Region umgesetzt und mit Spendengeldern der Dreikönigsaktion (DKA), dem Hilfswerk der Katholischen Jungschar Österreichs, unterstützt.
Seit 2007 setzt sich „Nature Aid Ghana“ erfolgreich gegen Armut und Kinderarbeit im Land ein und erreicht damit 2000 Kinder im Alter von fünf bis 17 Jahren. Bis 2025 soll Kinderarbeit in diesen fünf Gemeinden nachhaltig beseitigt werden. Die Organisation kooperiert dabei eng mit Kinderschutz-Komitees und Schulverwaltungsausschüssen in den Dorfgemeinschaften.
Auch in Owusukrom haben die Menschen sich dafür ausgesprochen, dass Kinder keine schweren Arbeiten mehr auf den Kakaofeldern ausüben dürfen, sondern die Schule besuchen sollen und sie auch Zeit zum Spielen haben.
Seither gehören die mühseligen Arbeiten auf den Feldern auch für Kwabena und seine Brüder der Vergangenheit an. Lernen in der Schule steht nun auf dem Programm. So wird sich Kwabenas Wunsch, einmal Arzt zu werden, möglicherweise erfüllen.
Eine weitere Partnerorganisation der DKA im Kampf gegen Armut und Kinderarbeit ist die Caritas Ghana. Sie bietet Workshops für Familien, in denen Kakaobäuerinnen und -bauern mit den Folgen der schweren körperlichen Arbeit ihrer Kinder auf den Feldern konfrontiert werden.
Zusätzlich schafft sie durch eine Sensibilisierungskampagne in den Dörfern ein Bewusstsein dafür, dass Bildung der einzige Ausweg aus dem Teufelskreis der Armut ist.
Eine ausdauernde Kämpferin gegen Kinderhandel, Kinderarbeit und Gewalt an Frauen ist Sr. Regina von Caritas Ghana. „Wir arbeiten mit den Eltern, den Dorfgemeinschaften und den Schulbehörden zusammen, damit Kinder nicht ausgebeutet werden und keine Schwerstarbeit auf den Feldern verrichten müssen, sondern die Schule besuchen können“, sagt die Menschenrechts- und Kinderschutzbeauftragte.
Für die Ordensfrau ist es auch wichtig, „dass alle, die den Kakao oder die Schokolade genießen, wissen, wie sie jene unterstützen können, die unter den Produktionsbedingungen leiden und ausgebeutet werden.“ So ist sie davon überzeugt, dass ein europäisches strenges Lieferkettengesetz, wofür sich die DKA seit vielen Jahren einsetzt, wirkungsvoll sein könne, dass keine schwere Kinderarbeit in Schokolade steckt.
Wie die DKA sieht auch Sr. Regina eine Notwendigkeit darin, dass Unternehmen ihre gesamte Lieferkette offenlegen, von den Kakaobäuerinnen und -bauern angefangen bis ins Geschäft, wo die Schokolade verkauft wird. Zudem müsse nachgewiesen werden, dass sie faire Löhne für ihre Ware zahlen und keine Kinder dafür arbeiten müssen. Ein Schritt in die richtige Richtung ist aktuell geschehen.
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