Katharina Schindelegger (33) ist Theologin und Journalistin. Sie ist in den Pfarren Ober Sankt Veit und Unter Sankt Veit – Zum Guten Hirten (Wien 13) als Pastoralassistentin tätig.
Der Abend, der die große Veränderung im Leben von Heinz Buder auslöste, begann anfangs noch sehr ausgelassen. Der 67-Jährige kam von einer Geburtstagsfeier fröhlich nach Hause, als er den Fernseher kurz noch einmal einschaltete. In der Nachrichtensendung ZIB 2 sah er den Außenminister, der sich zum Brand im Flüchtlingslager Moria äußerte. „Er sagte sinngemäß, dass es eine Ermunterung für weitere Flüchtlinge sein würde, wenn man den Menschen auf Lesbos hilft. Da ist meine Stimmung schlagartig gekippt. Es hat mir gereicht“, erzählt Heinz Buder. Der pensionierte Religionslehrer aus Micheldorf, der sich bereits Ende der Siebziger um Asylsuchende aus Vietnam („Boat People“) gekümmert hat, sagt: „Ich habe in den letzten Jahren viel Geld, Zeit und Herzblut in die Unterstützung der Flüchtlinge gesteckt, aber wir Helfenden werden im Stich gelassen. Ich hätte mir erwartet, dass die Politiker verstehen, dass ich und meine Mitstreiter unentgeltlich die Arbeit des Staates, Integration nämlich, tun.“ Besonders nahe geht ihm der Fall eines befreundeten afghanischen Ehepaars, das nach fünf Jahren in Österreich zwar Lehrstellenzusagen in der Tasche hat, aber nicht arbeiten darf und permanent von der Abschiebung bedroht ist. Gerade in letzter Zeit habe er zunehmend Widerstände und Anfeindungen gegenüber Flüchtlingen von Seiten der Behörden erleben müssen, berichtet Heinz Buder.
Er entschloss sich deshalb noch an diesem Abend zu einem drastischen Schritt. Nach über 50 Jahren ehrenamtlichen Dienstes legte er im September seine Ämter in der Pfarre als Leiter des Begräbnischores und als Organist zurück. Beim Sonntagsgottesdienst am 6. September blieb die Orgel stumm und Heinz Buder erklärte den Kirchgänger/innen in einer Rede, was ihn zu diesem Schritt bewogen hat. Es ist keine Haltung des Protests, sondern Ermüdung und ein Gefühl der Ohnmacht, betonte Buder vor den Gottesdienstbesucher/innen. „Ich bin müde geworden durch die Lieblosigkeit in Kirche und Gesellschaft“, präzisiert Buder im Gespräch mit der KirchenZeitung. Neben den Behörden gilt seine Kritik der Bevölkerung, die für das Schicksal der Flüchtlinge kaum mehr Empathie aufbringe und einer Kirche, die zu den Zuständen größtenteils schweigen würde. „Wir brauchen aber Kämpfer in der Kirche, die die Machthabenden in der Politik ständig ermahnen“, sagt der pensionierte Religionslehrer: „Ich wünsche mir eine Kirche, die den prophetischen Weg Jesu geht und den gegenwärtigen politischen Entwicklungen sichtbaren Widerstand leistet. Das Christentum ist eine politische Bewegung. Ich glaube, dass eine klar positionierte Kirche wieder mehr Leute ansprechen würde.“
Ein hoffnungsvolles Zeichen ist für Heinz Buder immerhin, dass sich Österreichs Bischöfe zuletzt klar für die Aufnahme von Flüchtlingen aus Moria ausgesprochen und Solidarität mit den Flüchtlingshelfer/innen eingefordert haben. „Das Wort der Bischöfe hat mich vom Kirchenaustritt abgehalten. Der Austritt hätte mir wehgetan, weil die Kirche meine Heimat ist.“ Bestärkt hätten ihn aber auch die – unterm Strich – positiven Rückmeldungen nach seiner Rede in der Kirche. Heinz Buder: „Es ist nicht unbedingt ein Abschied auf ewig von meinem Ehrenamt.“«
Katharina Schindelegger (33) ist Theologin und Journalistin. Sie ist in den Pfarren Ober Sankt Veit und Unter Sankt Veit – Zum Guten Hirten (Wien 13) als Pastoralassistentin tätig.
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