Wort zum Sonntag
Wann haben Sie gewusst, dass Sie Priester werden möchten?
Erwin Kalteis: In der Hauptschulzeit, ungefähr mit 14 Jahren, ist das für mich das erste Mal konkreter geworden. Meine Erfahrungen aus der Kindheit, die Schulzeit mit zwei beeindruckenden Kaplänen aus meiner Nachbarpfarre, das hat nachgewirkt und mein Interesse am Priesterberuf geweckt. Ich habe die Kirche wie eine große Familie erlebt. Der Weg zum Priester war zuerst gar nicht so leicht, weil ich quasi in der Bildungssackgasse festgesteckt bin, im B-Zug der Hauptschule. Ich bin froh, dass ich das Aufbaugymnasium in Horn besuchen konnte, das hat mir sehr geholfen. Nach der Matura war nach einigem Hin und Her klar, dass ich Priester werden möchte. Ich habe mich daher für Theologie und gegen das Maschinenbaustudium entschieden.
War damals in Ihrer Jugendzeit eine Aufbruchstimmung in der Kirche zu spüren?
Kalteis: Das ist vielleicht etwas zu viel gesagt. Es war aber jedenfalls eine Lebendigkeit zu spüren und in der Kirche wirkten Personen, die menschlich sehr ansprechend waren.
Mit 15 Jahren ins Aufbaugymnasium zu gehen, bedeutete für Sie auch, recht bald selbstständig zu werden?
Kalteis: Ja, und ich war dann nur alle heiligen Zeiten zu Hause in den Ferien. Damals war bis Samstagmittag Schule und wenn du von Horn fünfeinhalb Stunden öffentlich heimfährst, zahlt sich das an den Wochenenden nicht aus.
Allgemein gesprochen: Was mögen Sie an Ihrem Beruf?
Kalteis: Der Beruf ist vielfältig, er hat mit Menschen zu tun. Ich mag die Gemeinschaft mit den Leuten. Man kann immer wieder Impulse geben, wenn die Menschen nach dem Sinn des Lebens suchen.
Sie waren von 2002 bis 2008 Jugendseelsorger. Was haben Sie sich mitgenommen aus dieser Zeit?
Kalteis: Gerade im Bereich der Jugend ist der persönliche Bezug ausschlaggebend. Die Medien können unterstützend wirken, aber den direkten Kontakt nicht ersetzen. Außerdem ist wichtig, dass sich die Jugendlichen willkommen fühlen.
Gibt es noch Jugendgruppen in den Pfarren des Dekanats Andorf?
Kalteis: Teilweise schon, aber nicht überall. Was aber durchwegs vorhanden ist, sind Jungschargruppen und Jungschargruppenleiter, die sich regelmäßig treffen. Gerade die Ministrantengruppen sind oft recht groß und sorgen für Lebendigkeit in den Pfarren.
In einem Jahr werden die Pfarren des Dekanats Andorf zu Pfarrteilgemeinden innerhalb der neuen Pfarre. Wo stehen Sie momentan bei den Vorbereitungsarbeiten?
Kalteis: In den Pfarren ist der Grundstock an Informationen da. Da sind wir nicht schlecht aufgestellt. Ein Thema ist noch, Seelsorgeteams in jeder Pfarre zu finden. Wir hatten am 8. Oktober eine Startveranstaltung, wo alle Informationen vermittelt wurden. Die Kommunikation zu den einzelnen Pfarrgemeinderät/innen ist uns sehr wichtig.
Werden Sie der neue Pfarrer sein, der Chef über alle Pfarrteilgemeinden?
Kalteis: Das weiß ich noch nicht. Die Funktionen werden Ende des Kalenderjahres ausgeschrieben, da kann ich mir überlegen, ob ich mich bewerbe. Es ist aber nicht unwahrscheinlich, dass ich mich für die Stelle des Pfarrers bewerbe.
Braucht es zusätzlich zur Strukturreform noch die Öffnung des Zugangs zu den Weiheämtern?
Kalteis: Eine Öffnung der Zulassungsbedingungen zum Priesteramt für verheiratete Männer oder auch für Frauen würde der katholischen Kirche guttun. Wir schauen in der Diözese, dass unter den gegebenen Rahmenbedingungen ein guter Weg möglich ist. Wir können nicht warten, bis die großen Sachen gelöst sind, sondern müssen unter den jetzigen Gegebenheiten handeln. Ich begrüße die diözesane Reform.
Man könnte auch sagen: Wenn man das Pfarrsystem ohne Reform einfach so belassen hätte, hätten bald viele Priester mindestens sechs bis sieben Pfarren gleichzeitig zu betreuen gehabt.
Kalteis: Ja, sicher. Durch diesen Strukturprozess sind wir Pfarrer entlastet. Auch indem wir von Verwaltungsaufgaben weitgehend befreit werden. Sinnvoll ist auch, dass die Ehrenamtlichen vor Ort konkreter als bisher Aufgaben für ihre Pfarren übernehmen können. Da ist künftig mehr eigenverantwortliches Arbeiten möglich.
Für Gespräche, für die konkrete Seelsorge bleibt Ihnen also im neuen System mehr Zeit?
Kalteis: Ja, das glaub ich auf jeden Fall, da habe ich schon die Hoffnung und die Erwartung. Trotzdem wird die Zahl der aktiven Priester laufend kleiner, die Anforderungen werden nicht weniger. Uns Priester wird auch in Zukunft nicht fad.
Wird es in Zukunft mehr Wortgottesdienste geben und weniger Eucharistiefeiern?
Kalteis: Ja, aber das liegt nicht an der Strukturreform, sondern am Priestermangel. Es gibt jetzt Pfarren, die nur Eucharistiefeiern haben und solche, wo die Eucharistie eine Seltenheit geworden ist. Das wird sich ausgleichen. Ich glaube zwar, dass bei vielen der Wunsch nach Eucharistie sehr groß ist. Aber noch wichtiger ist den Leuten, dass Qualität geboten wird, also ist ein ansprechender Wortgottesdienst für sie auch okay.
Wenn nun die Diözesanleitung, die Dekanatsleitung und die Menschen in den Pfarren bei der Visitation zusammentreffen, worum soll es gehen?
Kalteis: Wichtig ist, dass die Diözesanleitung die Anliegen der Leute vor Ort wirklich sieht und hört. Was ihre Themen sind. Der Großteil der Pfarrbevölkerung ist schon zwei Schritte weiter als die theologischen Diskussionen und Spitzfindigkeiten. Ich gebe ein Beispiel: Für die überwiegende Mehrheit der Gläubigen ist es keine Frage, dass die Kommunionspendung bei der Wortgottesfeier dazugehört. Die theologischen Gründe, die gegen diese Praxis sprechen, kann ich zwar nachvollziehen. Praktisch ist es für die Leute aber wenig sinnvoll, wenn bei der Wortgottesfeier auf die Kommunion verzichtet wird.
Bischof Manfred Scheuer besucht von 13. bis 20. November 2022 das Dekanat Andorf. Begleitet wird Bischof Scheuer von zwei Visitatoren und einer Visitatorin. Bei den Begegnungen wird die Vielfalt des pfarrlichen Lebens und der kirchlichen Angebote im Mittelpunkt stehen. In der KirchenZeitung finden Sie auf den Seiten 10 bis 17 einen Einblick in das Dekanat Andorf.
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