Wort zum Sonntag
Im Rahmen des Prozesses „Zukunftsweg – Kirche weit denken“ wurde über ein Jahr von einer Gruppe unter der Leitung von Generaldechant Slawomir Dadas am neuen Konzept gefeilt. Drei Modelle wurden entwickelt und genau durchberechnet. Das Konsistorium des Bischofs hat sich schließlich für das nun vorgestellte Modell entschieden. „Ich stehe zu diesem Modell“, bekräftigte Bischof Scheuer am Ende der Präsentation und meinte weiter: „Ich wünsche unserem Weg Gottes Segen.“ Mit dieser Strukturreform solle man letztlich dem Evangelium „auf die Spur kommen“.
Der ganze Prozess, so Bischof Scheuer, solle von einer „Grundfreude“ getragen sein, vom Mut zur Veränderung. Und er wünschte allen einen „langen Atem“ in der Umsetzung.
Pastoralamtsleiterin Gabriele Eder-Cakl koordiniert den Prozess „Zukunftsweg“, der ja neben der Seelsorgestruktur auch sieben weitere Themenfelder umfasst. „Die kirchlichen Strukturen müssen die Kirche von morgen im Blick haben“, betonte sie. Es gelte, die Qualität in der Seelsorge zu sichern. Veränderungen seien auch in anderen Bereichen zu erwarten, auch bei den kirchlichen Ämtern, bejahte Bischof Scheuer auf Anfrage.
Die wichtigsten Punkte wurden gleich am Anfang genannt: Die Kirche bleibt den Menschen nahe, denn es werden keine Pfarren fusioniert. Die
487 Pfarren werden als weitgehend selbstständige Einheiten erhalten bleiben – als Pfarr-Gemeinden. Doch in Oberösterreich wird es künftig etwa 35 Pfarren im kirchenrechtlichen Sinn geben, die auch von einem Pfarrer mit einem Pfarr-Vorstand geleitet werden.
„Uns ist bewusst, dass das Modell nicht alle Probleme löst, aber so weitertun wie bisher können wir nicht“, meinte Generaldechant Slawomir Dadas. Vom nun folgenden Diskussionsprozess erwartet er sich daher viel. Bis Anfang Juli werden in den Dekanaten und mit zahlreichen Gruppierungen „Response-Treffen“ stattfinden, ebenso mit den Orden, Berufsgemeinschaften und anderen. Dabei soll das Modell diskutiert und noch genauer festgelegt werden. Von den Rückmeldungen erwartet sich die Strukturgruppe weitere Anregungen.
Noch steht ja nicht alles fest. Welche Pfarr-Gemeinde zu welcher Pfarre gehören wird, soll in den betreffenden Gebieten selbst festgelegt werden, ebenso die Namen der künftigen Pfarren. Im Herbst 2019 befassen sich die Gremien der Diözese mit allen Vorschlägen, bei einem dreitägigen Diözesanforum Mitte November soll über den Vorschlag abgestimmt werden, dann soll er vom Konsistorium beschlossen werden, ehe ihn Bischof Manfred Scheuer voraussichtlich Ende des Jahres in Kraft setzen wird.
Nach der Entscheidung soll mit der konkreten Umsetzung begonnen werden. Da die nächsten Pfarr-Gemeinderats-Wahlen im Jahr 2022 stattfinden, ist damit zu rechnen, dass dann der Prozess auch umgesetzt sein könnte. «
Umdenken ist angesagt – und Umgewöhnen. 487 Pfarren gehören zur Diözese Linz, aufgeteilt auf derzeit 39 Dekanate. Die Dekanate soll es in Zukunft nicht mehr geben, ebenso natürlich keine Dechanten. Aus den Dekanaten werden Pfarren. Und aus den bisherigen Pfarren werden Pfarr-Gemeinden.
Ihre kirchliche „Heimat“ sollen die Katholikinnen und Katholiken wie bisher in ihren Pfarr-Gemeinden finden. Hier spielt sich weitgehend das Kirchenleben ab. Hier werden Gottesdienste gefeiert, hier geschieht Verkündigung, hier ist jemand, der sich um die sozialen Probleme kümmert. Die Pfarr-Gemeinden werden weiterleben.
Zwischen sieben und 21 Pfarr-Gemeinden werden zu jeder der 35 Pfarren gehören. Die übergeordnete Pfarre unterstützt vor allem die Pfarr-Gemeinden. So soll dort das Pfarrbüro ganztägig besetzt sein, während in den Pfarr-Gemeinden die Öffnungszeiten wie bisher bleiben können. Damit, so Slawomir Dadas, sei eine deutlich bessere Erreichbarkeit gegeben.
Jede Pfarre wird von einem Pfarr-Vorstand geleitet. Dem Kirchenrecht entsprechend hat der Pfarrer die Gesamtverantwortung. Zwei weitere Mitglieder – eines für die Seelsorge, eines für die Wirtschaftsfragen, gehören zum Pfarrvorstand. Das neue Modell ist sehr auf Teamarbeit und Zusammenarbeit ausgerichtet.
Jede einzelne Pfarr-Gemeinde innerhalb einer Pfarre wird von einem Seelsorgeteam geleitet werden. Neben Personen, die für Verkündigung, Liturgie, Caritas und Gemeinschaft verantwortlich sind, gehören auch die Obfrau oder der Obmann des Pfarr-Gemeinde-Rates und eine für die Verwaltung zuständige Person zum Leitungsteam. Ab einer Größe von 1.600 Katholikinnen und Katholiken können auch hauptamtliche Seelsorger/innen Leitungsfunktionen übernehmen. Auch für kleine Pfarren ist eine hauptamtliche Person im Ausmaß einer Viertelanstellung vorgesehen, in größeren Pfarren (von über 1.600 Einwohnern) im Ausmaß einer halben Anstellung. Jeder Pfarre wird auch ein Priester für alle priesterlichen Dienste zugeteilt sein. Sollte eine Pfarr-Gemeinde kein Seelsorgeteam zustande bringen, nimmt die Pfarrleitung die Verantwortung für diese Pfarre vorübergehend direkt wahr.
Eine Weiterentwicklung gibt es beim Pfarr-Gemeinde-Rat: In größeren Pfarren soll eine Wahl durch die Gemeindemitglieder erfolgen. In kleineren Pfarr-Gemeinden kann statt eines gewählten Pfarr-Gemeinde-Rates eine zweimal jährlich stattfindende Pfarr-Gemeinde-Versammlung treten. Diese Versammlung bestimmt, wer zum Seelsorgeteam gehören soll. Jede Pfarr-Gemeinde entsendet zwei Mitglieder in die regelmäßig stattfindende Pfarr-Versammlung.
Für hauptamtliche Laien und Laiinnen verändern sich die Berufsfelder. Sie werden nicht mehr als „Assistentinnen“ oder „Assistenten“ bezeichnet. Sie können Pfarr-Vorstand in einer der 35 Pfarren sein, oder Pfarr-Gemeinde-Leiter/in in einer der 487 Pfarr-Gemeinden. Sie üben Leitungsverantwortung aus, sie können auch andere seelsorgliche Berufe ausüben, wie etwa Jugend- und Krankenhaus-Seelsorger/in.
Eine Person soll in höchstens zwei Pfarr-Gemeinden Leitungsverantwortung haben.
Nur die Priester, die eine der 35 Pfarren leiten, tragen den Titel „Pfarrer“. Der Pfarrer soll während der Woche etwa in zwei der Pfarrgemeinden priesterliche Dienste wahrnehmen, an den Sonntagen soll er jedoch zwischen den Pfarr-Gemeinden wechseln.
Für die Priester in der Pfarr-Gemeinde-Leitung ist der Titel „Titularpfarrer“ vorgesehen. Er gehört dort dem Seelsorgeteam an.
Weiters gibt es Priester, die als „Kuraten“ spezielle seelsorgliche Aufgaben haben können. Priester in Ausbildung werden als „Kooperatoren“ bezeichnet.
Ehrenamtliche wird es in den Pfarr-Gemeinden als Mitglieder in Seelsorgeteams geben, ebenso als Pfarr-Gemeinde-Räte. Auf der Pfarrebene können sie als Delegierte ihrer Pfarr-Gemeinde dem Pfarrlichen Pastoralrat angehören, diesen gegebenenfalls auch leiten. In der Pfarre wird es neben dem Pfarrlichen Pastoralrat auch einen Wirtschaftsrat geben. «
Lesen Sie am 31. Jänner: Erläuterung der neue Begriffe und neuen Funktionen
Eine Chance. Für uns bedeutet das eine große Chance. Bei uns in der Pfarrarbeit sind wir schon immer innovativ gewesen, doch es hat sich oft vieles gesperrt. Ich glaube, es wird künftig leichter gehen. Und ich hoffe auch, dass beim Thema „Frauen in der Kirche“ etwas weitergehen wird. Die vorgelegte Diskussionsgrundlage könnte das schon erleichtern.
Sonja Zachhuber, Pfarrsekretärin in der Pfarre St. Elia, Solarcity, Mitglied der diözesanen Frauenkommission
Voll Hoffnung. Das ist ein hoffungsvoller Weg. Ich bin froh, dass man über Strukturen nachdenkt und Neues probiert, obwohl vieles noch zu klären sein wird. Schwierig wird sein, die Kooperationsbereitschaft zu erreichen, viele Pfarrer sind ja doch eher Einzelkämpfer. Die jüngere Generation könnte da eher bereit sein, dieses neue Rollenverständnis anzunehmen. Für das Eingliedern in die neuen Strukturen wird man lernen müssen.
Ambros Ebhard OSB, Abt des Stiftes Kremsmünster
Herausfordernd. Gratuliere der Arbeitsgruppe, sie hat ein sehr gut durchdachtes Modell präsentiert. Jedes Veränderungsmodell ist eine Herausforderung, aber gibt es Alternativen? Ich bin überzeugt, dass das bereits bestehende Netzwerk der Katholischen Aktion die Kommunikation unter den Pfarrgemeinden unterstützen wird. Die KA ist Teil der Kirche und hat einen gesellschaftspolitischen Auftrag, deshalb muss sie in den Pfarren und Pfarr-Gemeinden gut verankert sein. In welcher Form, wird zu entwickeln sein, das wird in Städten anders aussehen als am Land.
Maria Hasibeder, Präsidentin der Katholischen Aktion OÖ
Erfreulich. Ich freue mich. Das ist jetzt eine große Chance. In einem größeren Gebiet wird das Zusammenarbeiten leichter werden. In der Jugendarbeit ist das ein großer Vorteil. In den 13 Pfarren usnere Dekanates haben wir heuer mit einer Dekanats-Jugendgruppe angefangen, wir touren schon jetzt viel durch das ganze Dekanat. Ich stelle mir vor, dass diese Vernetzung in der künftigen Struktur leichter werden wird. Es wird auch schön sein, wenn dadurch mehr Jugendliche zusammenkommen werden.
Bianka Payerl, Jugendbeauftragte im Dekanat Linz-Süd
Klärung. Ich halte das Modell für einen praktikablen Ansatz, die Leitungsfrage in den jetzt größer gedachten Pfarren zu klären und zugleich die Landschaft der Pfarrgemeinden in ihren Lebens- und Entfaltungschancen zu erhalten bzw. zu stärken. Die Diözesanversammlung sehe ich als gelungene Ouvertüre für die anstehende Phase der inhaltlichen Auseinandersetzung in den Berufsgruppen, Gremien und Räten, auf Dekanats- und Pfarrebene. Dort ereignet sich der entscheidende Prozess einer Klärung, des wachsamen Hinhörens auf emotionalen Widerstand und inhaltlichen Widerspruch.
Wolfgang Froschauer, Vorsitzender des Pastoralrates
Eine Stärkung. Für unser Stift und unsere Pfarren erlebe ich das als eine Stärkung. Das Stift hat für mich eine wesentliche Bedeutung dabei. Obwohl es um Strukturen gegangen ist, habe ich die Präsentation und die Diskussion als einen spirituellen Prozess erlebt, vor allem durch den Bischof. Man hat gespürt: Strukturen leben, wenn sie geisterfüllt sind, von der Nächstenliebe und vor allem auch von uns selber. Ganz wichtig ist die Grundhaltung der Freude.
Martin Felhofer OPraem, Abt des Stiftes Schlägl
Wort zum Sonntag
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