Wort zum Sonntag
Sie haben sich für dieses Amt, diese Aufgabe zur Verfügung gestellt. Da fließt viel (ehrenamtliche) Arbeit hinein. Was hat Sie motiviert, diese Aufgabe anzunehmen?
Margit Schmidinger: Es war eine große Überraschung, gefragt zu werden, doch nach einigen Gesprächen mit mir wichtigen Personen wurde immer deutlicher: Ja, das ist jetzt dran. Ich sage Ja.
Ich selbst verdanke meine Gestaltungsmöglichkeiten den Frauen vor mir, die sich mutig und unermüdlich für die Rechte der Frauen eingesetzt haben, denen Solidarität und die Menschenwürde ein Anliegen waren. Ich möchte auch meinen Beitrag leisten für die Generationen nach mir und mitgestalten an einer Kirche, die vom Geist Jesu geprägt ist. – Und Kirche war von ihrem Gründer her wohl immer als ehrenamtlich organisiert gedacht, wo Männer und Frauen mit ihren verschiedenen Charismen und Begabungen sich zum Wohle der Gemeinschaft einsetzen.
Was möchten Sie als Vorsitzende erreichen?
Schmidinger: Ich sehe katholisch im Sinne von allumfassend – eine Kirche, in der es nicht mehr darum geht, wer ist drinnen, wer ist draußen, richtig und falsch, sondern wo Platz ist für alle Menschen, mit ihren verschiedenen sexuellen Orientierungen, verschiedenster Herkunft, offen für andere Religionen. Der Zukunftsweg „Kirche weit denken“ inspiriert mich seit Jahren.
Ich möchte meine Stimme für Frauen einsetzen und sie selbstermächtigen, ermutigen, dass sie sich ihre Spiritualität wieder zurückholen und ihren Glauben selbst gestalten. Gott ist immer schon vor uns bei den Menschen und nicht nur im Gottesdienst. Ich denke an Karl Rahners Zitat – der Christ der Zukunft wird ein Mystiker sein, oder er wird nicht mehr sein: Wir alle sind Mystiker:innen, wenn wir Erfahrungen der Transzendenz machen, diese persönlichen Erfahrungen sind so unterschiedlich wie die Menschen und diese Erfahrungen verdienen Respekt und Wertschätzung.
Sie waren Rompilgerin und haben versucht, im Vatikan mit Ihren Anliegen gehört zu werden. Auf dem Weg haben Sie viel bewegt, in Rom wurden Sie aber nicht offiziell empfangen oder wahrgenommen. Was nehmen Sie an Positivem mit aus dieser Zeit? Wo ist Ernüchterung, gar Frustration eingetreten?
Schmidinger: „Talita kum“ – es ist gut, aufzustehen und aus der Opferrolle auszusteigen. Erwachsen sein heißt, ich gestalte mein Leben und meinen Glauben und mache nicht die anderen dafür verantwortlich, ich nutze meinen Gestaltungsspielraum, der in der Diözese Linz sehr groß ist.
Die Veränderung bzw. Transformation wird nicht von Rom kommen, sondern durch die vielen Menschen, die erkennen, dass sie Teil des großen Schöpfungswerkes Gottes sind, verbunden mit der Quelle des Lebens.
Gewählt und von Bischof Manfred Scheuer bestätigt: Stellvertreterin Christa Steinbüchler, kfb-Vorsitzende Margit Schmidinger, Stellvertreterin Karin Limberger.
Wir sehen in Europa Krieg, Ungerechtigkeit, Gewalt. Wie bleiben Sie positiv, ohne Verbitterung angesichts der aktuellen Lage in Kirche und Gesellschaft?
Schmidinger: Ich mag die Menschen und glaube an das Gute in jedem von uns. Alles Leben ist miteinander verbunden und aufeinander bezogen. – Viele Wissenschaftler:innen aus den verschiedensten Bereichen der Theologie, Hirnforschung, Biologie, Soziologie bestätigen genau dieses Bild: Wir Menschen sind viel besser, als wir glauben. Wir sind fähig zur Liebe, wir wollen sozial sein, wir wollen, dass alle ein gutes Leben haben.
Ich glaube daran, dass wir das Zeitalter der Konkurrenz und des Neids überwinden können und wirklich kooperieren können. „Communio“ (Gemeinschaft) ist möglich – und somit können wir dem Reich Gottes ein Stück näher kommen. Die Kirche könnte auf diesem Weg einen wesentlichen Beitrag leisten, wenn sie sich von einer dogmatischen Kirche wandelt zu einer Kirche von Frauen und Männern, die guten Willens sind.
Die kfb ist die größte Mitgliederorganisation in der katholischen Kirche. Ihre Stimme, ihr Gewicht zählt. Was schätzen Sie an der kfb?
Schmidinger: Mit Michaela Leppen und ihren Mitarbeiterinnen haben wir ein tolles Team von Hauptamtlichen – und die Arbeit meiner Vorgängerin Paula Wintereder und von Karin Limberger und Christa Steinbüchler (Stellvertreterinnen, siehe Bild rechts) kann man gar nicht hoch genug einschätzen. Sie haben in den letzten Jahren das Bild der kfb zukunftsfähig gemacht: von einer Gruppe, die vor allem als Helferinnen des Pfarrers gesehen wurde, hin zu einer bunten Gruppe von Frauen, die selbstbewusst auftritt und sich für Frauen in allen Lebenslagen einsetzt.
Ob die Mutter und Hausfrau oder die erfolgreiche Karrierefrau: Das Bild der Frau in der Kirche hat sich definitiv sehr zum Positiven gewandelt. Die weiblichen Kräfte durchwirken mittlerweile unsere Kirchenleitungen, da hat auch die kfb ihren Beitrag geleistet und wird es weiterhin tun. Frauen gehören in Leitungsaufgaben. Das hat auch Papst Franziskus im Vatikan vorgezeigt.
Im letzten Jahr gab es 540 Neueintritte von jüngeren Frauen, das darf uns schon zuversichtlich stimmen. Das neue kfb-Magazin, der Frauenpilgertag, die Domfrauen, all das hilft uns, die alten Bilder aufzubrechen.
Zur Rolle der Frau in der Kirche: In den Diözesen hat sich viel verändert, Frauen sind als Seelsorgerinnen anerkannt, Weiheämter sind aber noch immer nicht möglich. Was heißt das für Sie?
Schmidinger: Weiheämter fördern den Klerikalismus, das müssen wir überdenken. Viele Menschen lehnen starke Hierarchie ab. Der Mensch will nicht länger Objekt sein, der jemand braucht, der ihm sagt, was er tun soll. Der Mensch wird zum Subjekt, wir alle haben die Taufgnade – wenn ich Galater 3,28 lese, heißt das für mich: Die Verbindung mit Christus verleiht uns das Amt.
Wir Frauen haben viel gekämpft für die Gleichstellung von Mann und Frau in der katholischen Kirche. Viele haben sich verabschiedet, viele sind erschöpft. Kampf ist nicht mehr das rechte Mittel. Es wird Zeit, unsere Energie in die Seelsorge zu investieren und zu tun, wozu der Geist Gottes uns befähigt: Menschen in Verbindung zu bringen, mit sich selbst, mit Gott und der Schöpfung, ist für mich ein zentraler priesterlicher Dienst. Diesen Dienst übernehmen viele Laien (Frauen) auf wunderbare Weise ohne Weiheamt. Die Beauftragung und Sendung ist das entscheidende Kriterium. Dazu werde ich vor allem Frauen ermutigen und unterstützen. Die „ruach“ (hebräisch), die heilige Geistkraft, weht, wo sie will.
Würden Sie sich manchmal mehr Solidarität von Priestern und Diakonen erwarten?
Schmidinger: Ja, das wäre schön. Vor allem Wertschätzung und Begegnung auf Augenhöhe. Wie gut wäre es, wenn ein Priester einfach mal bei einer Wortgottesfeier im Volk Gottes sitzen würde und mitfeiert.
Die kfb hat sich auch gesellschaftspolitisch immer positioniert: Armutsbekämpfung, Klimagerechtigkeit, Solidarität mit Ländern des Südens.
Welche Schwerpunkte möchten Sie setzen?
Schmidinger: Einsatz für Klimaschutz – bin schon bei „Parents for future“ dabei, nun auch bei „kfb for future“, da werden wir uns stark einsetzen, aber auch für die Werte der Demokratie und gegen die Verrohung der Sprache in der Politik. Der Familienfasttag der kfb bleibt ein wichtiger Schwerpunkt.
Die kfb hat derzeit rund 38.000 Mitglieder und ist in ca. 360 Pfarrgemeinden aktiv. In den meisten Ortsgruppen gibt es zusätzlich noch Mütterrunden, Pensionistinnenrunden und Bastelrunden. Im letzten Jahr kamen 540 neue Mitglieder dazu. Die kfb ist ein Netzwerk von Frauen in den Pfarren und Dekanaten. Die Tätigkeitsfelder der kfb OÖ liegen in den Bereichen Gemeinschaftsbildung, Spiritualität, Frauenbildung, im sozialen Bereich ist es die Aktion Familienfasttag. Pilgertage, Wanderwochen, Auszeit-Tage, Mutter-Kind-Wochen, Oma-Enkelkinder-Tage gehören weiters zum Angebot der kfb.
Neue kfb-Vorsitzende OÖ
Geboren in Vöcklabruck am 15. Juni 1965. Aufgewachsen in einer Großfamilie in Wolfsegg mit sieben Geschwistern. HAK-Matura, fünf Jahre Sekretärin in IT-Büro, 17 Jahre leidenschaftliche Mutter, Pflegemutter und Stiefmutter von insgesamt sechs Kindern, das vierte Enkerl ist unterwegs.
Ausbildung: Theologischer Fernkurs, berufsbegleitende Ausbildung zur Pastoralassistentin in Wien (2007–2009), Praktikum in Schwanenstadt, elf Jahre Pastoralassistentin in Schwanenstadt und teilweise auch in Bach. Ausbildung Geistliche Begleitung in Gut Aich, Achtsamkeitslehrgang, derzeit in Ausbildung zur Prozessbegleitung.
Sie ist leidenschaftliche Pilgerin: Sie liebt es aufzubrechen, unterwegs zu sein und auch wieder wo anzukommen.
Wort zum Sonntag
Turmeremitin Birgit Kubik berichtet über ihre Woche in der Türmerstube hoch oben im Mariendom Linz >>
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