Wort zum Sonntag
„Zwischen 1580 und 1730 hat eine der größten Auswanderungsbewegungen in der Geschichte Österreichs stattgefunden. In dieser Zeit mussten abertausende evangelische Christ:innen aus Glaubensgründen ihre Heimat verlassen“, erklärt Günter Merz. Der evangelische Theologe ist wissenschaftlicher Mitarbeiter des Evangelischen Museums Rutzenmoos und hat mit einem Team die ansprechende Sonderausstellung „WesWEGen? Evangelische Migrationsgeschichten aus Oberösterreich“ gestaltet.
Die Schau ist Teil eines Projekts, an dem sich vornehmlich evangelische Museen aus sechs europäischen Ländern beteiligt haben.
Mögen manche evangelische Christ:innen freiwillig das katholische Österreich verlassen haben, die allermeisten wurden von den katholischen Habsburger-Herrschern gezwungen, zu emigrieren.
Die Art der Migration nahm je nach Zeitepoche unterschiedliche Formen an: Oft wurden die evangelischen Christ:innen regelrecht deportiert, sie durften nur mitnehmen, was sie selbst tragen konnten. Manchmal mussten sie auch ihre Kinder zurücklassen. Zu anderen Zeiten ging die erzwungene Auswanderung geordneter vor sich. Human war sie deswegen auch nicht.
Der Zeitraum der Migration erstreckte sich in etwa von 1580 bis 1850, die Zieldestinationen waren Franken um Nürnberg und Württemberg. Das bekannteste Ziel für die Vertriebenen war aber Siebenbürgen, von wo aus viele Nachkommen der Migrant:innen um 1944 wieder zurück nach Österreich und Deutschland kamen.
Einer der Migrant:innen, dessen Lebensgeschichte Günter Merz für die Sonderschau erforscht und dargestellt hat, ist der Linzer Arzt Philipp Persius (verstorben 1644). Dieser hat sich in den Seuchenjahren 1617 und 1621 (Fleckfieber und Ruhr) als Sanitätsdirektor große Verdienste bei der Bekämpfung der Epidemien erworben.
Wegen seiner fachlichen Kompetenz und sozialen Einstellung war er sehr beliebt, der Kaiser erhob ihn 1623 sogar in den Adelsstand. Das schützte ihn aber nicht. 1627 wurde er vor die Entscheidung gestellt, zur katholischen Kirche überzutreten oder auszuwanderen. Er ging nach Regensburg und in die Grafschaft Ortenburg.
Merz macht auf die tiefe Frömmigkeit aufmerksam, die die Exulant:innen – so wurden die Migrant:innen auch genannt – ausgezeichnet hat. Das aus dem Lateinischen kommende Wort Exulant weist auf den Begriff Exil hin.
Schriftliche Quellen zeigen, wie sehr die Vertriebenen in ihrem Schicksal den Willen Gottes sahen, dem es sich zu fügen galt. Der Weg ins Exil war für sie ein Weg mit Christus, der wegen seiner Herabkunft aus dem Himmel auch als Exulant bezeichnet wurde. Mit Christus zu gehen heißt, ihm gehorsam zu sein, um mit ihm schließlich verherrlicht zu werden.
Auf dem Weg nach Siebenbürgen im ersten Drittel des 18. Jahrhunderts begleitete ein kaiserlicher Kommissär einen Tross Vertriebener aus dem Salzkammergut. Der Beamte war von der Frömmigkeit der Exulant:innen so beeindruckt, dass er festhielt, nie andächtigere und tugendhaftere Christ:innen als diese gesehen zu haben. Denn während der sieben Reisewochen habe er kein böses Wort, nur singen und beten gehört.
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