Wort zum Sonntag
Sie waren 40 Jahre lang Pfarrer von Vorchdorf. Wie geht es Ihnen mit dem Wechsel in die Pension, Pater Ernst?
P. Ernst Bamminger: Etwas Wehmut ist dabei. Wobei Vorchdorf meine Heimat ist, wo ich nicht nur lange Pfarrer war, sondern auch aufgewachsen bin und viele Freunde habe. Der Kontakt wird also bestehen bleiben. Bei manchen Dingen bin ich froh, dass ich sie nicht mehr machen muss. Mit 75 wollte ich keine Pfarre mehr leiten. Ich ziehe ins Stift Kremsmünster und werde im Seelsorgeraum Kremsmünster als Aushilfspriester zur Verfügung stehen.
Sie ziehen von Kremsmünster in den Pfarrhof von Vorchdorf, Pater Franz Ackerl. Sie hätten theoretisch auch im Stift bleiben können. Warum der Umzug?
P. Franz Ackerl: Mir ist es schon wichtig, in die Pfarre zu ziehen, allein wegen der Erreichbarkeit. Ich will mit den Menschen unterwegs sein. Sie sollen wissen, dass ich einer von ihnen bin.
P. Ernst: Die Kirche soll Freud und Leid der Menschen teilen, und das kann man nur, wenn man vor Ort ist. Und nachdem Vorchdorf eine relativ große Pfarre ist mit ca. 6.000 Katholiken, ist ständig was los.
Priester haben einen ausgefüllten Arbeitsalltag …
P. Ernst: Fad ist mir nie geworden. (lacht)
Bleibt noch Zeit für Hobbys?
P. Ernst: Mein Hobby war Reisen. Jedes Jahr habe ich eine Pfarrreise gemacht. Kunst ist mein zweites Hobby, jetzt habe ich dafür vielleicht mehr Zeit.
P. Franz: Bei Freundschaftskontakten kann ich gut auftanken. Ich lese gerne und gehe öfters ins Kino, normalerweise Programmkino. Wobei: Vor Kurzem habe ich mit meinen Patenkindern „Spiderman“ angeschaut. Ich möchte irgendwann mit Sport anfangen, aber ich habe noch nicht die Sportart gefunden, die mir taugt.
Ist der Anfang mit Nervosität verbunden, Pater Franz?
P. Franz: Ja, ein bisschen. Es ist eine große Umstellung. Ich war zwölf Jahre in der Schule und im Stift sehr präsent mit Aufgaben, und jetzt ist die Pfarre eine neue Aufgabe. Ich merke, dass der Wechsel mit Erwartungen verbunden ist. Teilweise gibt es Befürchtungen, dass mit einem Neuen alles anders wird. Dabei habe ich das gar nicht vor. Auf der anderen Seite spüre ich eine große Gelassenheit. Man gibt sein Bestes und bemüht sich, aber der wahre Hirte ist Gott. Ob die Vorchdorfer mehr in die Kirche gehen oder glauben, liegt nicht in erster Linie an mir. Ich kann nur etwas beitragen. Andererseits gibt es viele gute Leut die mitarbeiten, angefangen von der Pastoralassistentin und der Pfarrsekretärin bis hin zu den vielen ehrenamtlichen Mitarbeitern. Es ist ein gutes Team da, ich bin sehr zuversichtlich.
Warum sind Sie Priester geworden?
P. Ernst: Ich habe in meiner Schulzeit, in der Volksschule und im Stiftsgymnasium Kremsmünster, viele gute Erfahrungen mit Priestern gemacht. Mich hat das positiv angesprochen. Ich habe mir in der 7. Klasse mit 17 Jahren gesagt, dass das auch mein Weg ist. Ich war nicht der Einzige aus meinem Jahrgang, der sich dafür entschieden hat. Wir Priesterkandidaten habe uns gegenseitig gestärkt.
P. Franz: Das hat sich sicher geändert. Ich war mit meiner Entscheidung für den Priesterberuf schon mehr ein Einzelkämpfer. Wir sind, als ich ein Kind war, in den 1980er-Jahren immer in die Kirche gegangen, das war für viele Menschen ganz selbstverständlich. Die Kirche war immer bummvoll. Nach der Matura wollte ich zuerst Pastoralassistent oder Religionslehrer werden. Ich habe dann mit dem Theologiestudium begonnen. Mit der Zeit hat sich die Sehnsucht entwickelt, Priester zu werden. Es war eine stetige Entwicklung, und ich habe einfach gemerkt, das ist das Richtige.
Was macht einen guten Pfarrer aus?
P. Ernst: Mein Vorbild war Papst Johannes XXIII. Der hat mich motiviert mit seiner Liebe und Güte. Ich habe mir auch gesagt, dass ich zu den Menschen gut sein möchte. Wie ein Hirte. Dieses Bild gefällt mir, auch wenn es für manche vielleicht veraltet sein mag, weil keiner ein Schaf sein will. Ich wollte immer da sein für Menschen und alle gleichbehandeln. Ich habe zum Beispiel nie gefragt, wer bei welcher Partei ist.
P. Franz: Ich glaube, es ist wichtig, den Mittelweg des Glaubens zu finden, als Priester nicht nur Gaudi zu machen oder ganz streng zu sein. Die im Glauben recht drinnen sind, sollen nicht sagen: „Das ist eh nur eine
Wischiwaschi-Partie in der Kirche. Und die weniger mit der Pfarre zu tun haben, sollen auch andocken können.
P. Ernst: Das habe ich auch versucht. Und aus den extremen Priesterkreisen habe ich mich immer rausgehalten.
Sind die Menschen heute weniger gläubig als früher?
P. Ernst: Vorchdorf ist, was den Glauben betrifft, früher stark von Traditionen geprägt gewesen. So traditionell sind die Leute nicht mehr. Was mir ein wenig zusetzt, sind die Kirchenaustritte. Eigentlich habe ich mir oft
gedacht, wir haben so eine frohe Botschaft zu verkünden, aber bringen sie nicht rüber. Wir hätten eine gute Ware …
P. Franz: ... aber mit dem Marketing hapert es manchmal. Dabei finde ich, dass Glaube eine soziale Dimension haben soll. Und andererseits ein Gegenprogramm zur Gesellschaft sein soll. Man soll merken: In der Kirche muss ich nicht ständig was leisten, schön sein, gut sein. Dieser Glaube hat immer Saison. Es ist notwendig, dass wir diese Botschaft vermitteln, die immer noch gültig ist: Du bist, so wie du bist, geliebt. Das tut allen gut, deswegen glaube ich nicht, dass die Leute weniger gläubig sind.
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