Katharina Schindelegger (33) ist Theologin und Journalistin. Sie ist in den Pfarren Ober Sankt Veit und Unter Sankt Veit – Zum Guten Hirten (Wien 13) als Pastoralassistentin tätig.
Die Kirchentür ist versperrt. Dutzende Menschen stehen davor und warten darauf, eingelassen zu werden. Auf dem Kirchenplatz lodern Flammen aus einem Feuerkorb, aber diese können die Kinder, die mit ihren Eltern und Großeltern gekommen sind, nicht wirklich ablenken. „Wann machen die endlich auf?“, fragt ein Knirps. Punkt 18 Uhr ist es so weit. Die Nacht der 1.000 Lichter in Kirchdorf an der Krems hat begonnen.
Das fünfte Mal hat die Pfarre am Vorabend von Allerheiligen zu einem meditativen Gang durch die von Hunderten Kerzen erleuchtete Pfarrkirche, zu einem Lichterlabyrinth vor dem Pfarrhof, dann ein paar Gassen weiter zum Besuch des Friedhofs und zu einem wärmenden Abschluss ins Pfarrheim geladen. „Von Jahr zu Jahr werden es mehr Leute“, freut sich Bernadette Hackl. Heuer waren es gezählte 749 Besucher/innen. Bei der Pastoralassistentin läuft die Organisation des Abends zusammen.
„Schau, so viele Kerzerl.“ Die Kinder kommen aus dem Staunen nicht heraus, als sie den Kirchenraum betreten. Die Nacht der 1.000 Lichter ist in Kirchdorf genau genommen die Nacht der 1.944 Lichter, so viele Teelichter haben an die 60 Helfer/innen entzündet und mit ihnen Bilder aus Licht geschaffen.
„Das Thema der Nacht ist heuer ‚Kirche‘, weil wir das 900-Jahr-Jubiläum unserer Pfarrkirche feiern“, erklärt Pastoralassistentin Hackl. Mithilfe des Kerzenlichts werden daher wichtige Orte im Kirchenraum hervorgehoben. Im Eingangsbereich ist der kupferne Weihwasserkessel beleuchtet, und die Kirchenbesucher/innen sind eingeladen, mit Weihwasser ein Kreuz auf die Stirn oder in die Handfläche zu zeichnen – sich selbst und allen, die sie begleiten. „Es gibt kein Muss. Man ist im Halbdunkel des Raums unbeobachtet. Jede und jeder kann sich nehmen und tun, was guttut.“, so Hackl.
Auf dem Weg nach vorne in den Altarraum hat man einzelnen Bankreihen Namen gegeben wie Gott-sei-Dank-Bank, Rastbank, Glücksbank oder Freudenbank. Immer wieder setzen sich Erwachsene in eine der Themenbänke und nutzen sie für einige Momente der Besinnung, ehe sie weiter nach vorne gehen. Ein mehrere Meter großes Lichterbild in Form eines Kelchs macht die zentrale Bedeutung des Altars im Gotteshaus sichtbar.
Nur wenige Schritte weiter, beim Marienaltar, ist man eingeladen, auf rote Papierherzen zu schreiben, was man auf dem Herzen hat. Im Nu ist die Altarplatte übersät mit den Herzen. „Danke für alles“ ist oftmals zu lesen oder „So schön“, aber auch kurze Bittgebete finden sich darunter wie „Kümmere Dich um N“. „Es kommen die unterschiedlichsten Menschen, Kirchgänger/innen und Nichtkirchgänger/innen, die mit dem Glauben mehr oder weniger anfangen können. Sie alle finden in der Nacht der 1.000 Lichter etwas für sich. Das ist das Feine“, sagt Bernadette Hackl.
Aus dem vom Kirchenraum abgetrennten Feierraum kommt Gesang, zwei Musiker singen Lieder aus Taizé. Wem danach ist, singt mit. Die Kinder klettern aber lieber die Stufen hinauf zum Orgelchor. Gebannt schauen sie über die Brüstung. Erst von oben sind die Lichterbilder in ihrer ganzen Pracht wahrzunehmen, der Kelch, ein Kirchturm und die Zahl 900, die an das Jubiläumsjahr erinnern. Nach so viel Besinnung zieht es die jungen Besucher/innen vor den Pfarrhof zum Kerzenlabyrinth. Die Kleinen laufen und hüpfen und suchen ihren Weg in die Mitte. Vor und zurück. Manche können gar nicht genug davon bekommen. „Der Slalom hat mir so gefallen“, meint ein Kindergartenkind. „Sie meint das Labyrint“, erklären die Großeltern schmunzelnd. Ihre Enkeltochter hat von sich aus gefragt, ob Oma und Opa auch heuer wieder mit ihr in die Kirche zu den Lichtern gehen würden.
Der Weg zum Friedhof ist mit Kerzen gesäumt und führt in die Friedhofskapelle, auf dem Altar stehen Ikonen, in flache Kästen mit Sand kann man in Erinnerung an die Verstorbenen Kerzen stecken. Auch Kinder in Halloween-Kostümen sind unter den Besuchern der Kapelle. Als vor 15 Jahren die Katholische Jugend Tirol die Nacht der 1.000 Lichter ins Leben gerufen hat, war sie auch als katholische Antwort auf Halloween gedacht. Aus dem Entweder-oder ist für viele längst ein Sowohl-als-auch geworden. Gar nicht wenige Halloween-Gruppen würden einen Besuch in der Kirche oder auf dem Friedhof einplanen, erzählt Pastoralassistentin Hackl. Für andere bleibt es aber doch bewusst eine alternative Gestaltung des Halloween-Abends. „Einerseits ist die Nacht der 1.000 Lichter sehr kinderzentriert, was mir gefällt“, sagt eine junge Mutter, „aber gleichzeitig bietet sich auch für mich die Gelegenheit, zur Ruhe zu kommen und mir Gedanken darüber machen zu können, was mich bewegt.“ Ein wenig hat die Nacht der 1.000 Lichter schon mit Halloween zu tun. Im Pfarrsaal gibt es zum Abschluss zwar nicht Saures, aber doch Süßes. «
Katharina Schindelegger (33) ist Theologin und Journalistin. Sie ist in den Pfarren Ober Sankt Veit und Unter Sankt Veit – Zum Guten Hirten (Wien 13) als Pastoralassistentin tätig.
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