Wort zum Sonntag
„Von der Stirne heiß / rinnen muß der Schweiß, / soll das Werk den Meister loben; / doch der Segen kommt von oben“, stellte Friedrich Schiller zur Glockenherstellung fest. In der Passauer Glockengießerei dürfte es an nichts gefehlt haben: „Die Pfarre Perg kann sich freuen“, sagt Orgelbaumeister Siegfried Adlberger zufrieden und schlägt die beiden neuen Glocken gleich nochmal an: Es ertönen ein a’’ und ein c’’’, zusammen bilden sie eine reine Mollterz, passend für die Kalvarienbergkirche am Friedhof von Perg, für welche die beiden Glocken gegossen wurden. Sie sollen aber auch mit der 1755 entstandenen Glocke harmonieren, die als Sterbeglocke im Turm der Pfarrkirche Perg hängt. Adlberger prüft das, indem er eine Aufnahme der alten Glocke zu den neuen dazuspielt – und ist auch hier zufrieden.
Der Klang ist natürlich das Wichtigste bei der Glocke. „Wenn wir an einer Glocke arbeiten, dann arbeiten wir am Klang, also an etwas, was man nicht sieht“, sagt Glockengießermeister Rudolf Perner. Er nutzt das traditionelle Lehmformverfahren, das Friedrich Schiller in seiner berühmten Glockenballade beschreibt: Angefertigt werden von innen nach außen der Kern, die „falsche Glocke“ (sozusagen das „Modell“ in Realgröße) und der Mantel. Nach der Entfernung der „falschen Glocke“ wird die Gussform eingegraben und schließlich mit der flüssigen Bronzelegierung gefüllt. Auch bei den vielen Zwischenschritten arbeiten Perner und seine Mitarbeiter traditionell: Der Lehm wird über Holzkohle getrocknet, die Bronze mit Holz erhitzt. Dabei ist überall äußerste Präzision gefragt: Nur eine ganz geringe Abweichung und die Glocke trifft nicht den richtigen Ton – was man allerdings erst merkt, wenn die Glocke fertig gegossen ist. Nachträgliche Korrekturen sind schwierig.
Ist die Glocke fertig, kommt Siegfried Adlberger in die Gießerei, um die Glocken zu prüfen und zu beschreiben. Neben dem Klang und Nachhall werden auch Daten wie Umfang und Gewicht festgehalten. Erst wenn Adlberger sein Okay gibt, werden Glocken geweiht und in den Turm aufgezogen. Allerdings kommt Adlberger nicht erst zum Schluss ins Spiel, sondern schon am Anfang bei der Konzeption und Ausschreibung der Glocken. Er betreut auch die Re-staurierung, Instandsetzung und Pflege von gesamten Glockenanlagen und historischen Räderuhrwerken. Zudem beschäftigt er sich seit Jahrzehnten mit der Reduktion von unerwünschten Turmschwingungen beim Glockenläuten.
Zwar können Glocken auch kaputtgehen – etwa durch Verwendung eines falschen Klöppels. Aber die ältesten Glocken der Diözese Linz hängen in der Filialkirche Aurachkirchen und stammen aus dem 13. Jahrhundert. Viel Kulturgut ging durch Abnahme in Kriegszeiten verloren. Nicht Weniges davon wurde in den Nachkriegszeiten durch günstige Glocken aus Stahl oder Ersatzlegierungen ersetzt, leider oft zulasten des Klangs. „Jedoch sind Glocken eine gute Investition, wenn man beachtet, dass sie normalerweise jahrhundertelang verwendbar sind“, sagt Siegfried Adlberger.
Jahrhundertelang ist auch die Glockengusstradition der Familie Perner. 1702 lässt sich ein Johannes Perner in Pilsen nachweisen und bis nach dem Zweiten Weltkrieg war die Familie im Böhmischen beheimatet. Nach der Vertreibung der Sudetendeutschen startete der Großvater des heutigen Inhabers in Passau wieder mit dem Glockenguss. Neben den neuen Glocken für Perg (Weihe am 13. September) stehen aktuell auch fertige Glocken mit rumänischer Inschrift in der Gießerei. „Wir haben schon Glocken mit südkoreanischen Schriftzeichen gegossen“, sagt Rudolf Perner, der auch Glockenstühle und Uhren errichtet und bestehende Geläute restauriert. 2019 arbeitete er beispielsweise im Turm der evangelischen Himmelfahrtskirche in Jerusalem.
Jede Glocke ist ein Einzelstück, doch eines haben alle gemeinsam: Dass sie die Menschen in ihrem Leben begleiten. Mit den Worten Friedrich Schillers gesagt: „Freude dieser Stadt bedeute, / Friede sei ihr erst Geläute.“
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