Wort zum Sonntag
Nachdem vor einem Jahr – am 9. September 2020 – das heillos überfüllte Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos von Lagerbewohnern in Brand gesteckt worden war, um auf die unmenschlichen Zustände aufmerksam zu machen, wurde die Insel zum Symbol der europäischen Migrationspolitik: Hier zeigte sich einerseits die restriktive Haltung der Europäischen Union Flüchtlingen gegenüber und andererseits konnten die Flüchtlinge mithilfe der Medien ihre Not zu den Bewohner/innen Europas transportieren. Auch wenn inzwischen die Schreckensbilder selten geworden sind, die Insel ist nach wie vor ein Hotspot für Flüchtlinge. Dorthin ist Pfarrassistentin Monika Weilguni Anfang September 2021 aufgebrochen.
Da man nach dem Brand das neu erbaute Lager Kara Tepe nur mit Sondererlaubnis betreten darf, nimmt sich Weilguni um Flüchtlinge an, die außerhalb des Lagers leben. Sie hat sich dazu in Mitilini, der Hauptstadt von Lesbos, eine einfache Unterkunft und ein Auto gemietet. Die Pfarrassistentin, die sich seit Langem zu Hause für Flüchtlinge engagiert und an siebzehn Wochenenden die Protestcamps in Linz organisiert hat, arbeitet auf Lesbos für die Hilfsorganisation von Doro Blancke (www.doroblancke.at). Der Tiroler Bischof Hermann Glettler ist im Vorstand dieser Initiative.
Zu Beginn ihres Einsatzes hat sich Weilguni mit einer Handvoll Freiwilliger getroffen, die selbst Flüchtlinge sind, aber in der Organisation von Doro Blancke aktiv. Ihr gemeinsames Ziel war, Familien ausfindig zu machen, die Unterstützung brauchen. Das erreichten sie schneller als gedacht. Sie gingen in einen Park in Mitilini und hatten nach zwei Stunden vierzig Familien registriert. „Bei vierzig mussten wir stoppen, weil wir mehr mit unseren Ressourcen nicht bewältigen“, erzählt Weilguni. Zumeist handelt es sich um Flüchtlinge, die einen positiven Asylbescheid haben, bei denen aber Komplikationen auftreten; wie zum Beispiel bei einer Familie, bei der die Eltern mit ihren drei Kindern bereits einen Pass haben, nicht aber das Enkelkind, das auch bei ihnen gestrandet ist. Diese Familie steht der griechischen Bürokratie rat- und machtlos gegenüber und benötigt in der Wartezeit von ungewisser Länge dringend Hilfe. Die Lebensmittelpakete, die Monika Weilguni den Familien überbracht hat, waren für jede einzelne der vierzig Familien ein Lichtblick und noch viel mehr. „Ich kann die Situation der Menschen nicht groß verändern, aber ich kann ihnen Würde und Ansehen geben“, sagt sie. Für die Menschen, die seit Jahren gewohnt sind, dass sie sich um Hilfe anstellen müssen, ist das eine völlig neue Erfahrung, dass jemand zu ihnen kommt und zuhört.
Bei Weilgunis Rückkehr nach Österreich in dieser Woche würde sie am liebsten alle vierzig Familien mitnehmen und in den Pfarren der Diözese unterbringen. „Die würden sich bei uns gut integrieren können.“ Dutzende Pfarren haben der Diözesanen Flüchtlingsinitiative schon vor Monaten zugesagt, dass sie Flüchtlinge aufnehmen würden. Doch die österreichische Regierung blockt ab. Bewundernswert, dass sich die Pfarrassistentin nicht irritieren lässt: „Menschen auf der Flucht zu helfen, ist für mich ein christlicher Auftrag. Dieses Engagement ist eine Form, in der Spur des Evangeliums zu gehen.“«
Wort zum Sonntag
Turmeremitin Birgit Kubik berichtet über ihre Woche in der Türmerstube hoch oben im Mariendom Linz >>
Die KIRCHENZEITUNG bietet vielfältige Angebote für Pfarren:
Jetzt die KIRCHENZEITUNG 4 Wochen lang kostenlos kennen lernen. Abo endet automatisch. >>