Wort zum Sonntag
Worum geht es beim vierten Diözesanforum?
Die oberste Frage lautet, ob die Delegierten des Pastoral- und Priesterrates sowie der Dechantenkonferenz in geheimer Abstimmung Bischof Manfred Scheuer empfehlen, die Reform der Seelsorgestrukturen entlang des „Handbuchs zum Strukturmodell“ zu gestalten. In dem Handbuch ist das neue Reformkonzept detailliert vorgestellt. Es liegt dann am Diözesanbischof, nach weiterer Beratung mit dem Konsistorium (dem engeren Beraterkreis) die eigentliche Entscheidung zu treffen. Das bedeutet, die Delegierten stimmen nicht direkt über das Modell ab, weil das aus verschiedenen Gründen nicht möglich ist: Einerseits ist die Entscheidung kirchenrechtlich dem Bischof alleine vorbehalten. Andererseits ist das Handbuch kein Gesetzestext, es enthält zum Beispiel keine Statuten für irgendein Gremium. Die für die Umsetzung der Reform notwendigen diözesanen „Gesetzestexte“ sind erst danach zu erstellen.
Wie sieht das Strukturmodell im Handbuch aus?
An der Grundidee hat sich nichts geändert: Die Diözese soll künftig aus rund 40 Pfarren bestehen, die sich wiederum aus mehreren Pfarrgemeinden (den heutigen Pfarren) und anderen pastoralen Knotenpunkten (zum Beispiel speziellen Formen von Seelsorge) zusammensetzen. Wenn sich Bischof Scheuer im Laufe des ersten Halbjahres 2020 für diesen Weg entscheidet, können die ersten Pionierpfarren im Herbst mit einem Vorbereitungsjahr beginnen, das in eine einjährige Umsetzungsphase übergeht. Geplant wäre, dass in diesem zweiten Jahr wieder einige Pfarren mit dem Vorbereitungsjahr beginnen. Dies wird so lange durchgeführt, bis die Pfarrlandschaft neu strukturiert ist. Als ersten Anpassungsschritt könnte es für jene Pfarren, die später an der Reihe sind, erste Veränderungen in den derzeit noch bestehenden Dekanaten geben.
Gibt es unterschiedliche Voraussetzungen in den Pfarren und Regionen, soweit es die Reform betrifft?
Das neue Modell sieht vor, dass in sämtlichen Pfarrgemeinden in Oberösterreich Seelsorgeteams gebildet werden. Diese Form der ehrenamtlichen Beteiligung an der Gemeindeleitung ist bereits jetzt in einigen Pfarren etabliert. Aktuell gibt es 52 Seelsorgeteams, wobei zusätzlich 15 in Ausbildung sind. In Regionen wie dem Dekanat Perg mit einem großen Anteil an Seelsorgeteams besteht schon ein „Vorwissen“, das die Umsetzung des neuen Modells erleichtern könnte. Das gilt auch für die Dekanatsprozesse, die die Kooperation über die Pfarrgemeinderatsgrenzen hinaus fördern. Die Hälfte der Dekanate hat einen solchen Prozess bereits abgeschlossen. Es ist gut möglich, dass aus solchen Regionen eine Pionierpfarre kommt. Für die Pionierphase können die Dekanate Interesse anmelden. Eine einseitige Bestimmung von „oben“, also von der Diözesanleitung, wer in der Pionierphase dabei ist, ist nicht vorgesehen.
Was wurde zuletzt noch am Handbuch geändert?
Laut Generaldechant Slawomir Dadas ist man etwas von den strikten Vorgaben für die bisherigen Seelsorgeteams, die künftig an der Spitze der neuen Pfarrgemeinden stehen sollen, abgewichen: Es reichen drei Personen dafür aus, zu denen auch hauptamtliche Seelsorger/innen gerechnet werden können. Das soll es für die Pfarrgemeinden personell einfacher
machen. Klarer formuliert wurde, dass die Selbstständigkeit der Pfarrgemeinden auch schon bisher nicht umfassend war. Deutlicher wurde laut Dadas auch herausgestrichen, dass die innerhalb der Pfarre nicht als Pfarrer tätigen Priester in den Pfarrgemeinden Leitungsverantwortung haben. Für Dadas noch nicht ganz gelöst ist die Einbindung der kategorialen Seelsorge (Betriebsseelsorge etc.) in die Pfarren. Diskutiert wird auch noch über sieben bislang unklare örtliche Zuordnungen von Pfarrgemeinden zu neuen Pfarren.
Gibt es noch Stolpersteine?
Seitens der Diözese ist man davon überzeugt, dass das im Handbuch beschriebene Modell kirchenrechtlich hält, wenn es in Gesetzestexte gegossen wird. Wichtig ist die genaue Ausformulierung der künftigen Leitung einer Pfarre: Diese soll aus dem Pfarrer, einem Pastoral- und einem Verwaltungsvorstand (Letztere sind hauptamtliche Laien) bestehen. Allerdings ist im Handbuch klargestellt, dass dem Pfarrer – entsprechend dem Kirchenrecht – die Gesamtleitung der Pfarre zukommt und er Aufgaben an die beiden Vorstände delegiert. Dies soll bereits zu Beginn der Anstellung der drei Leitungspersonen festgelegt und protokolliert werden.
Gegen den Zukunftsweg der Diözese gab es auch Einwände. Wie sieht die Situation heute aus?
Der Hauptkritikpunkt einer allerdings intern auch nicht völlig homogenen Priesterinitiative dürfte zumindest bei einigen Vertretern weiterhin bestehen: die vorgesehene Leitung der Pfarren durch ein Dreierteam, sprich einen Pfarrer in Verbindung mit zwei hauptamtlichen Laien. Unklar bleibt, wie sich die verschiedenen Kritiker verhalten, wenn sie am Samstag abstimmen werden. Ein gemeinsames Abstimmungsverhalten soll es laut Recherchen der KirchenZeitung nicht geben.
Relativ am Anfang des Handbuches heißt es, das Modell könne nicht „die Fragen und Probleme in Zusammenhang mit der Wahrnehmung des Weiheamtes lösen, die auf gesamtkirchlicher Ebene beantwortet werden müssen“. Es wird an den Brief von Bischof Manfred Scheuer an Papst Franziskus erinnert. Gab es da eine Antwort?
Seitens der Diözese heißt es dazu, dass sich daraus ein noch nicht abgeschlossener brieflicher Austausch und Dialog ergeben habe. Ganz generell hat die Diözesanleitung versucht, die entsprechenden Vatikanischen Dikasterien („Ministerien“) gut über die Entwicklungen in Oberösterreich zu unterrichten, auch über den Päpstlichen Nuntius.
Wäre mit diesem Modell die Neuaufstellung der Diözese abgeschlossen?
Nein, denn ab Frühjahr 2020 startet ein Prozess zur „Ausarbeitung der künftigen Struktur der diözesanen Ämter, Einrichtungen und Räte“. Damit betrifft die Reform auch die „Zentrale“ der Diözese. Dieser Prozess soll Mitte 2021 abgeschlossen sein.
Hintergrund
Es war eine große Überraschung, als die römische Kleruskongregation den Bischof von Trier, Stephan Ackermann, informierte, dass sie das „Gesetz zur Umsetzung der Diözesansynode“ ausgesetzt habe. Der Päpstliche Rat für die Interpretation der Gesetzestexte solle eine Prüfung durchführen. Erst am 15. Oktober 2019 hatte Bischof Ackermann das Gesetz in Kraft gesetzt, als Ergebnis eines mehrjährigen intensiven Gesprächs- und Beratungsprozesses, am 21. November 2019 war es schon wieder Geschichte – zumindest, bis Rom entscheidet. Mit 1. Jänner 2020 sollten die ersten Pfarren neu starten, das Personal war schon angestellt.
Auslöser für das Vorgehen Roms waren die Beschwerde einer Priestergemeinschaft und der Antrag einiger Gläubiger, die Übereinstimmung des Umsetzungsgesetzes mit dem universalen Kirchenrecht zu prüfen. Die Priestergemeinschaft spricht auch von einer Beschädigung des Weihe- und Priesteramts durch die neue Pfarrstruktur.
Grund. Mitunter heißt es, dass hinter der Aufregung nur ein Formalfehler stecke. Laut Recherchen der KirchenZeitung in Tier ist aber die geplante Pfarrleitung der Angelpunkt. In der Erläuterung der Diözese Trier heißt es dazu: „Es ist kirchenrechtlich so vorgesehen, dass eine Pfarrei von einem Priester geleitet wird. Wir denken Leitung aber im kirchenrechtlich vorgesehenen Rahmen weiter: kollegial und mit geteilter Verantwortung und Macht. Deswegen sehen wir Leitungsteams für die Pfarreien der Zukunft vor.“ Die Konzepte in Trier wurden von Experten des Kirchenrechts begleitet. Das Struktur-Handbuch in Linz hat ein ähnliches Modell, betont aber die oberste Leitungsstellung des Pfarrers.
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