Wort zum Sonntag
„Die Pfarrgemeinderäte waren die konkreteste Frucht der Diözesansynode“, sagt Beate Schlager-Stemmer, Referentin im diözesanen Fachbereich Ehrenamt und Pfarrgemeinde.
Von den gut 460 damaligen Pfarren nahmen 1973 knapp 420 an der Wahl teil. Die restlichen folgten ein Jahr später. „Die Theorie vom Volk Gottes, wie sie das Zweite Vatikanische Konzil formuliert hatte, wurde damit Praxis“, zitiert die Theologin die Kirchenzeitung von 1973.
So rief die Kirchenzeitung 1973 zur Wahlbeteiligung auf.
Auch Johann Pock, Professor für Pastoraltheologie an der Universität Wien, betont die nachhaltige Bedeutung: „Ohne die Pfarrgemeinderäte gäbe es heute die lebendige Kirche vor Ort nicht in diesem Ausmaß. In den vergangenen 50 Jahren ging die Entwicklung weg von einer reinen Klerikerkirche hin zu einem größeren Miteinander und einer breiteren Beteiligung“, sagt er.
Sowohl Pock als auch Schlager-Stemmer heben den Rhythmus der Wahlen alle fünf Jahre hervor: Auf diese Weise würden immer wieder neue Leute für die Mitarbeit gefunden. Bei jeder Wahl kommen rund 50 Prozent neue Mitglieder in die Pfarrgemeinderäte. Damit haben die Wahlen eine Mobilisierungsfunktion. Seit 1987 gibt es gemeinsame PGR-Wahltermine in Österreichs Diözesen.
Schlager-Stemmer verweist darauf, dass die Pfarrgemeinderäte in Linz schon bald Beschlussrechte erhalten haben. Für Pock hat sich diesbezüglich viel entwickelt, doch gebe es noch Luft nach oben: So hingen die Möglichkeiten der Pfarrgemeinderäte weiter von dem ab, was der jeweilige Pfarrer zulasse.
Da die Verantwortung der Ehrenamtlichen in den Pfarren wachse, würde aber auch ihr Gestaltungsspielraum wachsen. Die Fragen in den jeweiligen Pfarrgemeinden seien zum Teil sehr unterschiedlich und verlangten auch nach unterschiedlichen Antworten. „Dass es große Uniformität in der Kirche vor Ort gibt, wird es so nicht mehr spielen“, sagt er.
Beate Schlager- Stemmer betont, dass die Pfarrgemeinderäte aus der Wertschätzung des Glaubenssinns der Gläubigen (sensus fidelium) heraus entstanden und eben keine Ersatzlösung aufgrund des Priestermangels sind.
Dennoch habe sich der ehrenamtliche Einsatz gerade auch in dieser Situation bewährt: Vor zwanzig Jahren entstanden im Dekanat Molln die ersten ehrenamtlichen Seelsorgeteams in kleinen Pfarren, wo auf einmal kein Priester mehr vor Ort war. Sie sind gleichsam aus den Pfarrgemeinderäten heraus gewachsen.
Heute sind die Teams fix eingeplanter Bestandteil in der Pfarrenreform in der Diözese Linz: In jeder Pfarr(teil)gemeinde soll es ein solches Team geben. Gerade daran ist erkennbar, wie nachhaltig wirksam das Setzen auf aktive Pfarrgemeinden vor 50 Jahren war.
Schlager-Stemmer verweist in diesem Zusammenhang auf die große PGR-Umfrage 2009, laut der sich die PGR-Mitglieder in hohem Maße wünschten, zukunftsweisende Entscheidungen für die Pfarre treffen zu können. Wenn die neuen Pfarren in der Diözese jetzt ihre Pastoralkonzepte erstellen, werde aus diesem Wunsch Wirklichkeit, sagt sie.
Für die Theologin ist eine wichtige zukünftige Herausforderung der Pfarrgemeinderäte die Selbstfürsorge, das Schätzen dessen, was man vor Ort leistet, und die Vorsorge gegen Überforderung. Dazu gehöre unter Umständen auch das Loslassenkönnen.
Johann Pock sieht es als große Herausforderung an, junge Menschen für den Glauben und die Mitarbeit in der Pfarrgemeinde zu begeistern. Weiters werde es wichtig sein, entsprechend dem Wunsch von Papst Franziskus, „hinauszugehen“, sich also nicht auf die Pfarre und schöne liturgische Feiern zu beschränken.
Die Gesellschaft stehe vor großen Herausforderungen. Hier seien die Pfarren gefragt, sich einzubringen. Ein Beispiel neben der Sorge um die sozial Schwachen wäre, das gemeinschaftliche Leben in ländlichen Orten sicherzustellen, wenn andere Treffpunkte wie das Gasthaus oder der Greißler verschwinden.
Am Fr., 31. März wird im Bildungshaus Schloss Puchberg das Jubiläum „50 Jahre Pfarrgemeinderat und 20 Jahre Seelsorgeteam“ gefeiert, Beginn: 18 Uhr. Livestream unter: www.dioezese-linz.at/pgr
Der Pfarrgemeinderat hat sich vom Beratungsgremium des Pfarrers zu einem echten Leitungsgremium entwickelt. Bei den Wahlen wird die breite Bevölkerung eingebunden und für die vielfältigen Aufgaben sensibilisiert. Gut ist, wenn sowohl die Arbeit als auch die Verantwortung auf viele Köpfe und Hände verteilt werden, entsprechend den Talenten und Ressourcen der Mitglieder. Ziel ist immer, die Freuden und Sorgen der Menschen vor Ort zu verstehen und im Konsens Gemeinschaft weiterzuentwickeln.
Wir haben schon lange keinen eigenen Pfarrer vor Ort mehr, was der Arbeit von uns Ehrenamtlichen ein besonderes Gewicht gibt. Ich setze mich gerne für die Gemeinschaft in der Pfarre ein. Für den Zusammenhalt der Bevölkerung ist die Kirche sehr wichtig. Denn Zipf ist auf fünf politische Gemeinden aufgeteilt, nur das Pfarrgebiet vereint uns. Der Pfarrgemeinderat handelt flexibel, weil wir uns mit diesen Gemeinden abstimmen müssen. Im Pfarrgemeinderat hat jedes Mitglied seine konkreten Aufgaben, wir sind gut eingedeckt mit Arbeit.
Der Pinsdorfer Pfarrgemeinderat entwickelt gemeinsam kreative Lösungen in der Seelsorge. Die Entscheidungen, die er trifft, sind für mich bindend. Außerdem spiegelt er in seiner Zusammensetzung die Pluralität der Pfarrbevölkerung wider. Jedes Mitglied bringt seine Fähigkeiten und Talente ein. Wichtig ist mir, verantwortungsvoll mit der Zeit der Ehrenamtlichen umzugehen. Die Gremienarbeit darf nicht zu einem Riesenprogramm ausufern, und vor allem müssen Erfolge des Pfarrgemeinderats gemeinsam gefeiert werden.
Arbeit im Pfarrgemeinderat heißt, dass wir Laien uns einbringen können. Das ist ein großes Geschenk für mich. Wir sind basisdemokratisch vom Volk gewählt und spiegeln die Vielfalt der Pfarrbevölkerung wider. Wir sind ein Entscheidungsgremium und nahe bei den Menschen. Der Pfarrgemeinderat sorgt für eine lebendige Kirche. Außerdem freut es mich, dass ich als Mitglied des Seelsorgeteams vom Bischof beauftragt wurde. Diese Bestätigung gibt mir Sicherheit für mein Wirken.
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