Wort zum Sonntag
Der brennende Dornbusch ist ein tiefgehendes Bild: Er brennt und verbrennt doch nicht. Womit ist Mose da konfrontiert? Er hat in einem Streit einen Ägypter erschlagen, deshalb ist er nach Midian geflohen. Inzwischen scheint das Leben normal zu verlaufen. Mose hat eine Frau und ist mit den Herden des Schwiegervaters unterwegs.
Doch die Bilder seiner Tat verfolgen ihn wie ein brennender Dornbusch, das Bild vom toten Mann kommt immer wieder hoch. Zugleich erinnert sich Mose seines Volkes: Seine Leute leisten als Sklaven und Mägde in Ägypten Frondienste. Jede männliche Geburt wird getötet. Auch das sind Bilder, die wie ein brennender Dornbusch wirken.
Aus diesem brennenden Dornbusch hört Mose eine Stimme: „Komm nicht näher heran! Leg deine Schuhe ab; denn der Ort, wo du stehst, ist heiliger Boden“ (Exodus 3,5). Der Ort, auf dem Mose steht, ist seine Lebenssituation, seine Lebensgeschichte. Mose darf erfahren, dass er bei Gott keinesfalls abgeschrieben ist.
Die Berufung des Mose ist eine Versöhnungsgeschichte: Gott ruft den Mörder Mose, um mit ihm für das Volk Israel einen Weg in die Freiheit zu bahnen. Den Ort, wo Mose steht, nennt Gott „heiliger Boden“. Jeder Mensch erlebt im Laufe des Lebens Verletzungen, und jeder Mensch wird auch andere verletzen, nicht nur Feinde, sondern gerade auch liebste Menschen. Sich mit der Lebensgeschichte zu versöhnen und sich versöhnen zu lassen, ist der Beginn eines Weges in eine neue Freiheit.
Gott befiehlt Mose, die Schuhe auszuziehen. Er soll nicht länger zerstörerisch auf seiner Seele herumtrampeln: mit Selbstvorwürfen, mit Vorwürfen gegen andere, mit Hass- und Rachegedanken. Gott fängt mit ihm neu an. Gott lehrt ihn später, mit einem Stab zu agieren und nicht mehr mit einem Schwert (vgl. Exodus 4,1–5).
Er ist nicht mehr ein Knecht der Schlange und ihrer Versuchungen, sondern er packt die Schlange am Schwanz und verhindert ihr böses Agieren. Als einer, der die Angst vor dem Bösen ablegt, wird Mose für sein Volk zum Wegbereiter in die Freiheit, ins gelobte Land.
Bei seiner Berufung erfährt Mose viel über Gottes Wesen. „Der HERR sprach: Ich habe das Elend meines Volkes in Ägypten gesehen, und ihre laute Klage über ihre Antreiber habe ich gehört. Ich kenne sein Leid“ (Exodus 3,7). Elend und Not lassen Gott nicht kalt.
Er sagt: „Ich bin herabgestiegen, um das Volk der Hand der Ägypter zu entreißen und aus jenem Land hinaufzuführen in ein schönes, weites Land, in ein Land, in dem Milch und Honig fließen“ (Exodus 3,8a). Elend und Not bewegen Gott dazu, herabzusteigen. Er ist kein Entrückter, kein über den Wolken Schwebender.
Gott hat die laute Klage gehört. Er ruft Mose, um eine Befreiungsbewegung anzuführen. Gott trägt ihm auf, dass er zu den Ältesten geht. Diese soll er zum Pharao mitnehmen. Mose weiß um seine Schwäche: Er kann nicht reden. Auch dafür sieht Gott eine Lösung vor. Aaron, sein Bruder, kann für ihn reden. Aaron wird es sogar mit Freude tun.
Mose geht einer Freiheitsbewegung voran, manchmal mehr schlecht als recht. Er tut es als Mensch mit all seinen Grenzen. Er stößt auf Widerstände und widrige Umstände. In allem werden Gottes Spuren sichtbar.
Wort zum Sonntag
Birgit Kubik, 268. Turmeremitin, berichtet von ihren Erfahrungen in der Türmerstube im Mariendom Linz. >>
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