Christian Landl ist Diakon und Seelsorger in den Pfarrgemeinden Schörfling, Weyregg und Steinbach am Attersee.
Der Weg zum Priestertum versprach damals den einfachen Menschen Bildung, Aufstiegsmöglichkeiten und Erfolg. Um das Studium finanzieren zu können, verkaufte der Vater sogar zwei Ochsen. Ehrgeizig verfolgte der junge Vinzenz dieses Ziel. Sein Bestreben war – wie er später selber bezeugte – so bald wie möglich zu einer guten „Pfründe“, also einträglichen Position, zu kommen. Bereits mit 19 Jahren wurde Vinzenz zum Priester geweiht. Auf abenteuerliche und teils unlautere Weise versuchte er, zu Geld und Erfolg zu kommen. Auf einer Reise nach Marseille geriet Vinzenz in Gefangenschaft und wurde in Tunis als Sklave verkauft. Nach zwei Jahren gelang es Vinzenz, wieder in die Freiheit zu kommen. Zurück in Frankreich, bekam er die Stelle eines Almosengebers am Königshof. Die Zeit der Sklaverei und andere negative Erfahrungen sowie das prunkvolle Leben am Königshof brachten Vinzenz in eine tiefe Lebens- und Glaubenskrise.
In dieser Zeit der Verlassenheit und Glaubensnot machte Vinzenz die tiefe Erfahrung, dass er in der Begegnung mit den Armen Frieden verspürte, wenn er ihnen das Almosen mit Liebe austeilte. Immer deutlicher erkannte er, dass Gott ihm durch diese Situation etwas sagen möchte. Sensibel geworden für die Zeichen Gottes, wurde er aufmerksam auf die Nöte der Menschen, denen er von nun an als guter Priester dienen wollte. Kontakte zu Kardinal Pierre de Bérulle, Franz von Sales sowie anderen gläubigen Menschen, aber auch Vorbilder von Heiligen halfen Vinzenz, seinen Weg zu finden und dem Leben eine neue Richtung zu geben. Im Gebet und in der Betrachtung des Evangeliums entdeckte Vinzenz jene Quelle, aus der er Kraft schöpfte und Antworten für seine Sinnsuche fand.
Eine besondere Schlüsselstelle für sein späteres Handeln wurde die Antrittsrede Jesu in Nazaret (Lukas 4,16–21), wo es heißt: „So kam er auch nach Nazaret, wo er aufgewachsen war, und ging, wie gewohnt, am Sabbat in die Synagoge. Als er aufstand, um vorzulesen, reichte man ihm die Buchrolle des Propheten Jesaja. Er öffnete sie und fand die Stelle, wo geschrieben steht: Der Geist des Herrn ruht auf mir; denn er hat mich gesalbt. Er hat mich gesandt, damit ich den Armen eine frohe Botschaft bringe; damit ich den Gefangenen die Entlassung verkünde und den Blinden das Augenlicht; damit ich die Zerschlagenen in Freiheit setze und ein Gnadenjahr des Herrn ausrufe. Dann schloss er die Buchrolle, gab sie dem Synagogendiener und setzte sich. Die Augen aller in der Synagoge waren auf ihn gerichtet. Da begann er, ihnen darzulegen: Heute hat sich das Schriftwort, das ihr eben gehört habt, erfüllt.“
Vinzenz erkannte, dass der Geist Gottes auch auf ihm ruht und „HEUTE“ das Hier und Jetzt meint. Ein Leben lang war er nun bemüht, das Wort Gottes in Taten der Liebe umzusetzen und es zu vermitteln.
Christian Landl ist Diakon und Seelsorger in den Pfarrgemeinden Schörfling, Weyregg und Steinbach am Attersee.
Birgit Kubik, 268. Turmeremitin, berichtet von ihren Erfahrungen in der Türmerstube im Mariendom Linz. >>
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