Wort zum Sonntag
In wunderbaren Bildern zeigt uns der Kleine Prinz, was Liebe bedeutet. Er liebt seine Rose auf seinem kleinen Planeten. Aber beide – die Rose und der Kleine Prinz – trauen sich nicht, sich ihre Liebe einzugestehen. So trennt sich der Kleine Prinz von seiner geliebten Rose. Und erst bei der Trennung entdeckt er, wie sehr er diese Rose geliebt hat. Auf seiner Reise lernt er, was Liebe bedeutet.
Es ist ein Fuchs, der ihn in das Geheimnis der Liebe einführt. Der Fuchs gebraucht das Bild des „Zähmens“ für die Liebe. Dem geliebten Menschen kann man nur allmählich immer näher kommen. Dann wird man immer vertrauter mit ihm. Und dann wird dieser geliebte Mensch zu einem einzigartigen Menschen.
Der Kleine Prinz weint bitterlich, als er einen ganzen Rosengarten sieht. Da merkt er, dass seine Rose nur eine unter vielen ist. Doch der Fuchs lehrt ihn, dass seine Rose für ihn einzigartig ist, weil er sie gezähmt hat, weil er sie sich vertraut gemacht hat. Dann vergleicht er seine Rose nicht mehr mit anderen. Sie ist für ihn einzigartig, weil er sie liebt.
Aber damit die Liebe gelingt, braucht es Bedingungen. Eine Bedingung sind gute Rituale. Rituale sind der Ort, an dem die Gefühle der Liebe ausgedrückt werden. Wir brauchen Rituale, sonst ist unsere Liebe in Gefahr, einzuschlafen. Das Ritual des Morgenkusses oder Abendkusses drückt immer wieder die Liebe aus. Der Fuchs verrät dem Kleinen Prinzen noch drei andere Geheimnisse:
1. „Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.“ Nur das Herz erkennt die Liebe zum anderen und die Liebe des anderen zu mir.
2. „Es ist die Zeit, die du dir für deine Rose genommen hast, die deine Rose wichtig macht.“ Die Liebe braucht Zeit. Indem wir mit dem geliebten Menschen eine gemeinsame Zeit verbringen, wächst die Liebe immer mehr. Oft stirbt die Liebe zwischen Ehepaaren, weil sie zu wenig Zeit füreinander haben. Es ist eine zweckfreie Zeit, keine Zeit, die mit Arbeit erfüllt ist, sondern einfach die Zeit, die ich für den andern aufbringe.
3. „Du bist für immer verantwortlich für das, was du gezähmt hast. Du bist verantwortlich für deine Rose.“ Wenn ich mit einem Menschen vertraut geworden bin, dann bin ich für ihn verantwortlich. Dann kann ich nicht sagen: Ich spüre keine Liebe mehr. Also gehen wir auseinander. Ich bin verantwortlich. Und selbst wenn es keine andere Möglichkeit gibt als sich zu trennen, bin ich trotzdem für den anderen verantwortlich. Ich kann meine Verantwortung nicht einfach ablegen.
Wenn wir einen Menschen lieben, wird die ganze Welt für uns verzaubert. Der Fuchs wird durch die Farbe der Weizenfelder an den Kleinen Prinzen erinnert. Die Liebe zu einem Menschen verwandelt alles, was wir sehen. Wir werden durch Blumen, durch Bäume, durch die Sonne, durch die Sterne erinnert an den geliebten Menschen. So werden wir überall dieser Liebe begegnen. Auf eine sehr zärtliche Weise drückt Antoine Saint-Exupéry aus, was die Bibel uns sagt: „Wer in der Liebe bleibt, bleibt in Gott, und Gott bleibt in ihm.“ (1 Joh 4,16) Wir werden die Liebe Gottes in allem wahrnehmen, was ist: in jedem Menschen, in den Pflanzen und Tieren, in der Schönheit der Landschaft. Alles ist von Liebe erfüllt. Und wir leben in der Liebe und von der Liebe eingehüllt.
Wort zum Sonntag
Birgit Kubik, 268. Turmeremitin, berichtet von ihren Erfahrungen in der Türmerstube im Mariendom Linz. >>
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