Wie Hannah mit 21 Jahren ein Waisenhaus gebaut hat
Die 21-jährige Hannah Aigner will die Not der Waisenkinder in Ghana lindern. Manchmal passieren dabei kleine Wunder, wie die Geschichte des kleinen Richmond beweist.
Am Anfang stand eine Agentur für Abenteuerreisen, über die Hannah Aigner ein Volontariat in einem Waisenhaus gebucht hatte. Die Großramingerin hatte die Hotelfachschule in Weyer abgeschlossen und arbeitete anschließend eineinhalb Jahre in der Gastronomie in Wien. Dann zog es sie nach Afrika. Die Herzlichkeit der Kinder, die Offenheit der Menschen, aber auch die Not in Ghana, wo sie schließlich hingekommen war, haben sie so beeindruckt, dass sie beschloss, mehr zu tun: Sie begann mit Truid, einer Freundin aus Norwegen, Pläne für ein eigenes Waisenhaus zu schmieden. Die beiden wurden auf den bitterarmen Norden des Landes aufmerksam. Dort entstand nun in dem Dorf Nandom „ihr“ Waisenhaus. Seit September 2012 wurde gebaut, auf einem Grundstück, das das Dorf kostenlos zur Verfügung gestellt hatte. Über 30.000 Euro haben Hannah Aigner und ihre norwegische Freundin innerhalb eines Jahres für das Gebäude aufgebracht und es damit zur Gänze finanziert.
288 Anfragen für Platz im Waisenhaus
Wie groß die Not in der Region ist, zeigt die lange Liste der Kinder, die angemeldet wurden. Aus 288 Lebensschicksalen mussten Hannah Aigner und ihre Freundin Truid – gemeinsam mit den Dorfältesten – auswählen. Eine belastende Arbeit. Derzeit finden im Waisenhaus neun Kinder Platz, zusätzlich können zehn in die Nachmittagsbetreuung kommen. Vier bis fünfzehn Jahre sind Aigners Schützlinge alt, ihre Lebensgeschichten allesamt erschütternd. Der zehnjährige Edmond war Ziegenhirte. Als Waise blieb ihm nichts anderes übrig, als sich selbst durchzuschlagen. Dank seines Onkels kam er ins Waisenhaus und konnte gar nicht glauben, dass die Hose, die er dort erhielt, wirklich ihm gehört.
Ein Wunder durch Zuwendung
Auch kleine Wunder sind schon geschehen, erzählt Gründerin. Der achtjährige Richmond galt im Dorf als hoffnungsloser Fall. Von den Dorfältesten wurde sogar diskutiert, ob sich überhaupt eine Förderung lohnt. Richmond hat kein Wort gesprochen, vom Vater wurde er nur geschlagen. Nach einem Monat im Waisenhaus begann er zu reden. Der Vater selbst erzählte plötzlich voll Freude: Er hatte seinen Sohn nie lachen gesehen. Jetzt lacht er.
Jeden Cent umdrehen
Auf ein Eröffnungsfest mit Bürgermeistern und Honoratioren haben Hannah und Truid aus Kostengründen verzichtet. Sie luden aber die Nachbarkinder zum Spielen und Essen und auf eine Coca Cola ein. 80 waren da.
In den Händen Einheimischer
Mit 27. Juli 2013 sind die Waisenkinder in ihr neues Zuhause einzogen. Einen Monat lang arbeitete Hannah mit dem dreiköpfigen einheimischen Team: mit Hausleiter, Erzieherin und Köchin. „Ich bin im September mit einem total guten Gefühl nach Hause geflogen. Meine Sorge, dass es ohne mich nicht laufen würde, war völlig unbegründet.“ Über den Verein „Zebra Nandom Childrens Home“, den sie gegründet hat, nimmt sie mit Truid die Gesamtverantwortung für das Projekt wahr. Vor allem die Finanzierung der Gehälter fordert das weitere, natürlich langfristige Engagement. Hannah Aigner bleibt aber völlig gelassen. Was im vergangenen Jahr alles möglich wurde – warum soll sie da nicht zuversichtlich sein? Seit Anfang Oktober 2013 arbeitet die Preisträgerin des Solidaritätspreises der KirchenZeitung bei der Lebenshilfe in Großraming.
Wer die Arbeit von Hannah Aigner unterstützen möchte, erhält Informationen unter Email: office@kirchenzeitung.at